„Sag ja zum Rauchverzicht“ – unter dieses Motto hat die Weltgesundheitsorganisation WHO den diesjährigen Welt-Nichtrauchertag am 31. Mai gestellt. Das „Ja“ zum Rauchausstieg sollte dabei nach Ansicht der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP) auch ein „Ja“ zum Verzicht auf E-Zigaretten beinhalten. Es sei nicht belegt, dass das „Dampfen“ den Tabakausstieg tatsächlich erleichtert, betonen die Lungenärzte im Vorfeld des 61. Kongresses ihrer Fachgesellschaft. Außerdem berge auch der Konsum von E-Zigaretten Gesundheitsrisiken.

Wie der Rauchverzicht auch ohne den Umweg über das Dampfen gelingen kann, diskutieren DGP-Experten auf der Vorab-Pressekonferenz zum Kongress, die am Mittwoch, den 26. Mai 2021, online stattfindet.

Bei elektronischen Zigaretten (E-Zigaretten) wird eine meist nikotinhaltige Flüssigkeit, das sogenannte Liquid, erhitzt und vernebelt. Anstelle von Rauch, der beim Verbrennen von Tabak freigesetzt wird, atmen Konsumentinnen und Konsumenten ein Aerosol feinster Liquid-Tröpfchen ein. „Ebenso wie beim Rauchen werden dabei Giftstoffe in die Lunge und das Blut aufgenommen. Denn je nach E-Zigarettentyp und Zusammensetzung des verwendeten Liquids enthalten die elektronischen Verdampfer atemwegsreizende Substanzen wie Propylenglykol, krebserregende Substanzen wie Formaldehyd und teilweise gesundheitsschädigende Metalle wie Blei, Chrom und Nikotin“, sagt Professor Dr. med. Wulf Pankow, ehemaliger Chefarzt der Pneumologie und Infektiologie am Vivantes Klinikum Neukölln und ärztlicher Leiter des Corona-Behandlungszentrums Jafféstraße in Berlin. Diese könnten die Entstehung von Atemwegsleiden wie eine chronische Bronchitis oder Asthma begünstigen, Herz und Gefäße schädigen, das Immunsystem beeinträchtigen und möglicherweise zur Krebsentstehung beitragen. Einige dieser Schadstoffe sind im Aerosol zwar in deutlich geringerer Menge vorhanden als im Tabakrauch. „Insgesamt enthält das Aerosol jedoch viele chemische Verbindungen, die sich je nach Geschmacksrichtung des Liquids unterscheiden und deren gesundheitliche Auswirkungen zu einem großen Teil noch nicht bekannt sind“, betont Pankow. Vor allem Langzeitdaten fehlten noch völlig, auch gebe es nur wenige Untersuchungen dazu, wie sich der Konsum von E-Zigaretten auf eine bereits vorgeschädigte Lunge auswirkt.

Trotz des noch weitgehend unbekannten Risikoprofils werden E-Zigaretten zuweilen als geeignetes Mittel zum Rauchstopp gepriesen. Ob das Dampfen ausstiegswilligen Raucherinnen und Rauchern aber dabei hilft, vom Tabak zu lassen, sei jedenfalls noch nicht abschließend geklärt. „Unter Studienbedingungen gelang der Tabakausstieg mithilfe der E-Zigarette zunächst tatsächlich leichter“, sagt Pankow. Dieser Effekt habe sich unter Alltagsbedingungen allerdings nicht bestätigt. Als problematisch sieht Pankow auch das Fortbestehen der Nikotinabhängigkeit an – denn sie begünstigt sowohl Rückfälle als auch den „Beikonsum“ von Tabak. Einer aktuellen Meta-Analyse zufolge verdoppelt E-Zigarettenkonsum das Rückfallrisiko bei ehemaligen Rauchern. „Rund 85 Prozent der Raucher, die auf E-Zigaretten umsteigen, konsumieren nebenher auch weiter Tabak“, sagt der Berliner Pneumologe. Gerade diese Kombination müsse aber als besonders gesundheitsschädlich angesehen werden.

„Der Griff zur E-Zigarette ist für einen erfolgreichen Rauchverzicht nicht notwendig und wirkt vermutlich sogar kontraproduktiv“, sagt auch Professor Dr. med. Gernot Rohde, Leiter des Schwerpunktes Pneumologie/Allergologie am Universitätsklinikum Frankfurt und diesjähriger DGP-Kongresspräsident. Es gebe heute verschiedene evidenzbasierte Entwöhnungsprogramme und Hilfsmittel, mit denen eine Tabakabhängigkeit erfolgreich behandelt werden könne. Das in der S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit“ verankerte Vorgehen sieht in der Regel eine verhaltenstherapeutische Beratung und Therapie vor, die bei starker Nikotinabhängigkeit auch mit Nikotinpflastern, -lutschtabletten oder -kaugummis sowie suchthemmenden Medikamenten kombiniert werden könne. „Die E-Zigarette spielt darin zurecht keine Rolle“, so Rohde.

Über die möglichen Folgen von E-Zigaretten, gesunde Wege der Tabakentwöhnung und Möglichkeiten der Tabakkontrolle spricht Pankow auf der Vorab-Pressekonferenz des 61. DGP-Kongresses, die am 26. Mai 2021 online stattfindet. Der 61. Kongress der DGP findet vom 2. bis 5. Juni 2021 virtuell statt. Alle Informationen zum Kongress finden Interessierte im Internet unter http://www.pneumologie-kongress.de.

Weitere Informationen:

Scientific Committee on Health, Environmental and Emerging Risks. Preliminary opinion on electronic cigarettes. 2020. https://ec.europa.eu/health/sites/health/files/scientific_committees/scheer/docs…

Barufaldi LA, Guerra RL, de Albuquerque RCR et al.: Risk of smoking relapse with the use of electronic cigarettes: A systematic review with meta-analysis of longitudinal studies. Tob Prev Cessat. 2021:29:29. doi: 10.18332/tpc/132964. PMID: 33928198; PMCID: PMC8078138

S3-Leitlinie „Rauchen und Tabakabhängigkeit: Screening, Diagnostik und Behandlung“. 2021. https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/076-006l_S3_Rauchen-_Tabakabhaengig…

Stellungnahme des Aktionsbündnisses Nichtrauchen e. V. zu E-Zigaretten. 2021. https://www.abnr.de/media/abnr-stellungnahme_e-zigaretten_20210515_1.pdf

Stellungnahme der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e. V. (DHS) zu E-Zigaretten. 2021. https://www.dhs.de/fileadmin/user_upload/pdf/dhs-stellungnahmen/DHS_Stellungnahm…

Terminhinweise:

61. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e. V. (DGP)
„Pneumologie – persönlich und präzise“
Termin: 2. bis 5. Juni 2021, Online

Themen und Referierende:

Kongress-Highlights
Universitätsprofessor Dr. med. Gernot Rohde
Kongresspräsident der DGP 2021, Leiter des Schwerpunktes Pneumologie/Allergologie am Universitätsklinikum Frankfurt

(Heim-)Beatmung im Kontext des neuen Intensivpflege- und Rehabilitationsstärkungsgesetzes
Professor Dr. med. Michael Pfeifer
Präsident der DGP, Medizinischer Direktor der Klinik Donaustauf, Zentrum für Pneumologie, und Chefarzt an der Klinik für Pneumologie und Intensivmedizin, KH Barmherzige Brüder Regensburg, Universitätsklinikum Regensburg

Post-COVID: Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung diagnostizieren und behandeln
Professor Dr. med. A. Rembert Koczulla
Deutsche Lungenstiftung e. V. (DLS), Chefarzt am Fachzentrum für Pneumologie der Schön Klinik Berchtesgadener Land, Prien am Chiemsee

E-Zigaretten: (k)eine Alternative zu herkömmlichen Tabakzigaretten?
Professor Dr. med. Wulf Pankow
Ehemaliger Chefarzt der Pneumologie und Infektiologie am Vivantes Klinikum Neukölln, Ärztlicher Leiter des Corona-Behandlungszentrums Jafféstraße, Berlin

Moderation: Anne-Katrin Döbler, Pressestelle der DGP, Stuttgart

Kongress-Pressekonferenz
Termin: Donnerstag, 3. Juni 2021, 11.00 bis 12.00 Uhr
Link: https://attendee.gotowebinar.com/register/3466517584902074380

Themen und Referierende:

Lungenkrebs und Mukoviszidose: Welche Fortschritte gibt es in der pneumologischen Präzisionsmedizin?
Universitätsprofessor Dr. med. Gernot Rohde
Kongresspräsident der DGP 2021, Leiter des Schwerpunktes Pneumologie/Allergologie am Universitätsklinikum Frankfurt

Update: Respiratorische Infektionen und Coronavirus
Professor Dr. med. Torsten Bauer
Stellvertretender Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin e.V. (DGP), Chefarzt der Klinik für Pneumologie, Lungenklinik Heckeshorn, HELIOS Klinikum Emil von Behring, Berlin

Die Antibiotika-Krise – unzureichende Entwicklung und steigende Resistenzraten. Warum tut sich so wenig?
Professor Dr. med. Mathias Pletz
Direktor des Instituts für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene (IIMK) sowie kommissarischer Direktor des Instituts für Immunologie am Universitätsklinikum Jena (UKJ), Mitglied der Guideline Development Group COVID-19 der WHO und Vizepräsident der Paul-Ehrlich-Gesellschaft für Chemotherapie e. V. (PEG), Rheinbach

Lungenzentren in Deutschland
Professor Dr. med. Klaus F. Rabe
Pastpräsident der DGP, Ärztlicher Direktor und Medizinischer Geschäftsführer der LungenClinic Grosshansdorf

Moderation: Anne-Katrin Döbler, Pressestelle der DGP, Stuttgart

Foto: Pexels/ Megan Forbes