Corona: Die meisten PIMS-Kinder erholen sich recht gut innerhalb von 6 Monaten
Das pädiatrische inflammatorische Multisystemsyndrom tritt selten nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus als schwere Komplikation auf. Forscher beschrieben nun den weiteren Verlauf über 6 Monate bei 46 Kindern und Jugendlichen in London. Demnach erholten sich die meisten Kinder in dieser Zeit recht gut. Die meisten hatten auch nach 6 Monaten noch Antikörper gegen SARS-CoV-2. Manche Kinder hatten jedoch noch nach einem halben Jahr emotionale Probleme, Symptome des Verdauungssystems oder eine geringe Belastungstoleranz.
Das pädiatrische inflammatorische Multisystemsyndrom, das zeitlich mit einer SARS-CoV-2-Infektion assoziiert ist, kurz als PIMS, PIMS-TS (temporally associated with SARS-CoV-2) oder MIS-C (Multisystem Inflammatory Syndrome in Children) bekannt, ist eine neue, seltene, post-infektiöse Komplikation von Infektionen mit dem neuen Coronavirus bei Kindern. Forscher beschrieben nun den langfristigen Verlauf von PIMS-TS über 6 Monate.
Wie entwickeln sich Kinder nach Coronavirus-Infektion und PIMS-TS?
Die retrospektive Kohortenstudie umfasste Kinder und Jugendliche bis 18 Jahren, die nach den RCPCH-Kriterien (UK Royal College of Paediatrics and Child Health) mit PIMS-TS diagnostiziert wurden und in das Great Ormond Street Hospital in London zur Behandlung aufgenommen wurden. Betrachtet wurden junge Patienten, die zwischen 4. April und 1. September 2020 in Behandlung waren. Der weitere Verlauf der Gesundheit der Kinder wurde durch ein multidisziplinäres Expertenteam nach 6 Wochen und 6 Monaten nach Krankenhauseinweisung nachverfolgt. Die Forscher analysierten sowohl biochemische als auch funktionelle Folgen der Erkrankung.
Retrospektive Kohortenstudie mit PIMS-ST-Patienten über 6 Monate
46 Kinder wurden für diese Studie betrachtet. Das durchschnittliche Alter (Median) bei Krankenhausaufnahme war 10,2 Jahre (interquartiler Bereich, IQR: 8,8 – 13,3), darunter 30 (65 %) Jungen und 16 (35 %) Mädchen. 8 (17 %) der Kinder hatten vorher bestehende Erkrankungen. Alle Patienten hatten bei Aufnahme erhöhte Marker einer systemischen Inflammation, also deutliche Anzeichen für entzündliche Prozesse im Körper. Keines der Kinder verstarb. Nach 6 Monaten war die systemische Inflammation bei allen bis auf einen Patienten gestoppt. 38 (90 %) von 42 Patienten, die IgG-Antikörper gegen SARS-CoV-2 innerhalb von 6 Wochen nach Krankenhausaufnahmen zeigten, waren auch noch nach 6 Monaten seropositiv.
Nach 6 Monaten meist keine systemischen Entzündungsprozesse mehr
Echokardiogramme waren normal bei 44 (96 %) von 46 Patienten bei der Untersuchung nach 6 Monaten. Zu Beginn wurden bei 45 (98 %) von 46 Patienten gastrointestinale Symptome berichtet. Von diesen waren noch bei 6 (13 %) der 46 Patienten solche Symptome nach 6 Monaten vorhanden. Renale, haematologische und otolaryngologische Befunde lösten sich größtenteils bis nach 6 Monaten auf.
Obwohl noch kleinere Auffälligkeiten bei der neurologischen Untersuchung bei 24 (52 %) von 46 Patienten nach 6 Wochen und bei 18 (39 %) Patienten nach 6 Monaten gefunden werden konnten, zeigten sich doch nur minimale funktionelle Störungen nach 6 Monaten (medianer EDSS-Wert, Expanded Disability Status Scale: 0; IQR: 0 – 1). Im standardisierten Muskeltest (manual muscle test-8) verbesserten sich die Werte im Median von 53 (IQR 43 – 64) während Krankenhausaufnahme auf 80 (IQR 68 – 80) nach 6 Monaten. Allerdings waren bei 18 (45 %) von 40 Patienten nach 6 Monaten die Ergebnisse im 6-Minuten-Gehtest unterhalb der dritten Centile für ihre Altersgruppe und Geschlecht. Mit der Lebensqualitäts-Befragung PedsQL zeigten sich ernste emotionale Schwierigkeiten nach 6 Monaten bei 7 (18 %) von 38 Kindern im Elternbericht und bei 8 (22 %) von 38 Kindern im Selbstbericht. 45 (98 %) von 46 Patienten waren nach 6 Monaten wieder in Vollzeit in ihrer Schule (virtuell oder Präsenz).
Meist nur noch wenig Probleme, teils geringe Belastungstoleranz und emotionale Schwierigkeiten nach 6 Monaten
Trotz initial schwerer Erkrankung zeigten sich somit nur wenige Organ-spezifische Nachwirkungen des Coronavirus-bedingten, inflammatorischen Multisystemsyndroms bei Kindern, PIMS-ST, nach 6 Monaten. Anhaltende Probleme bedürfen der Wiederherstellung der früheren körperlichen Fitness und Unterstützung für die psychische Gesundheit. Physiotherapische Untersuchungen zeigten eine anhaltende Belastungsintoleranz. Längerfristige Nachuntersuchungen werden helfen, den natürlichen Verlauf von PIMS-TS besser zu verstehen, um Kindern mit dieser schweren Komplikation nach einer Infektion mit dem neuen Coronavirus gezielter helfen zu können.
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Autor: Penner, Justin, Omar Abdel-Mannan, Karlie Grant, Sue Maillard, Filip Kucera, Jane Hassell, Michael Eyre, et al. “6-Month Multidisciplinary Follow-up and Outcomes of Patients with Paediatric Inflammatory Multisystem Syndrome (PIMS-TS) at a UK Tertiary Paediatric Hospital: A Retrospective Cohort Study.” The Lancet Child & Adolescent Health, May 2021. https://doi.org/10.1016/S2352-4642(21)00138-3.
Foto: Pexels:/ Andrea Piacquadio