Spielt Vitamin D eine Rolle bei der Behandlung von COVID-19?
Die Rolle von Nahrungsergänzung mit Vitamin D zur Behandlung von COVID-19 wird seit einer Weile diskutiert. Dazu führte nun ein Expertenteam von sieben deutschen Universitätskliniken eine Analyse der bisherigen Evidenz zur Wirksamkeit und Sicherheit von Vitamin D bei COVID-19 durch. Die Autoren schließen, dass aktuell ungenügende Evidenz vorliegt, um die Vorteile und Nachteile einer Behandlung mit Vitamin D bei COVID-19 einzuschätzen.
Die Rolle von Nahrungsergänzung mit Vitamin D zur Behandlung von COVID-19 wird seit einer Weile diskutiert. Dazu führte nun ein Expertenteam von sieben deutschen Universitätskliniken eine Analyse der bisherigen Evidenz zur Wirksamkeit und Sicherheit von Vitamin D bei COVID-19 durch.
Die Analyse in diesem Cochrane-Review basierte auf randomisierten kontrollierten Studien. Die Experten untersuchten, ob die ergänzende Gabe von Vitamin D wirksam und sicher zur Behandlung von COVID-19 eingesetzt werden kann. Dies wurde im Vergleich zu einem aktiven Komparator, einem Placebo oder der Standardbehandlung allein betrachtet. Um die Aktualität der Evidenz zu gewährleisten, ist diese Analyse als lebender systematischer Review konzipiert, wird also weiterhin ergänzt, wenn neue Evidenz vorliegt.
Lebender systematischer Review zur Wirksamkeit und Sicherheit von VItamin D bei COVID-19
Die Autoren ermittelten Studien aus den medizin-wissenschaftlichen Datenbanken Cochrane COVID-19 Study Register, Web of Science und der WHO COVID-19 Global literature zu COVID-19. Abgeschlossene und laufende Studien bis 11. März 2021 würden berücksichtigt und nach der Standard-Cochrane-Methodik analysiert.
Die Qualität der Evidenz schätzten die Forscher für Aspekte bei COVID-19 wie Sterblichkeit, klinischem Verlauf, Lebensqualität und adversen Ereignissen ein. Bei leichteren Verläufen wurde zudem das Risiko für die Entwicklung schwererer Symptome betrachtet.
Analyse von randomisiert kontrollierten Studien
Es lagen für die aktuelle Analyse 3 randomisiert kontrollierte Studien mit insgesamt 356 Teilnehmern vor, von denen 183 Vitamin D erhielten. In zwei der Studien wurden Patienten mit moderat bis schwerem COVID-19 betrachtet, eine Studie untersuchte Infizierte mit milden oder asymptomatischen Verläufen. Die Kontrollgruppen erhielten Placebo oder ausschließlich die Standardbehandlung.
Bei moderat bis schwerem COVID-19 wurden 313 Patienten analysiert. Die zwei Studien unterschieden sich deutlich, sowohl klinisch als auch methodisch, und konnten daher nicht zusammengefasst analysiert werden. Der Vitamin-D-Status war in einer Studie unbekannt, in der anderen wurden Daten nur von Patienten mit Vitamin D-Mangel berichtet. In einer Studie wurden multiple Dosen von oralem Calcifediol an den Tagen 1, 3 und 7 gegeben, die andere Studie gab dagegen eine einzelne hohe Dosis oralen Cholecalciferols zu Beginn der Studie an.
Die Sterblichkeit bis zum Zeitpunkt der Entlassung aus dem Krankenhaus konnte mit 313 Patienten (2 Studien) analysiert werden. In einer Studie traten bei 50 Patienten mit Vitamin D-Behandlung keine Todesfälle auf, verglichen mit 2 Todesfällen in der Gruppe von 26 Kontrollpatienten ohne Vitamin D (Risikoratio, RR: 0,11; 95 % Konfidenzintervall, KI: 0,01 – 2,13). In der zweiten Studie wurden 9 Todesfälle bei 119 Patienten der Vitamin-D-Gruppe berichtet versus 6 Patienten von 118 Patienten der Placebo-Gruppe (RR: 1,49; 95 % KI: 0,55 – 4,04). Die Evidenz zur Sterblichkeit war sehr gering. Zur Notwendigkeit für invasive mechanische Beatmung (237 Patienten) gab es dagegen aus lediglich einer Studie unsichere Evidenz, dass Vitamin D hierbei vorteilhaft sein könnte.
Aufgrund von Unklarheiten, wie die Daten berichtet wurden, ist das Risiko für adverse Ereignisse bei Vitamin D-Supplementierung sehr unsicher. Bei Patienten mit milden oder asymptomatischen Verläufen wurden mit 40 Patienten lediglich Entzündungsmarker und virale Clearance berichtet statt klinischer Verlaufsinformationen. Auch die Aufzeichnung adverser Ereignisse war unklar, wodurch auch hier nur wenig Information zur Einschätzung von Wirksamkeit und Sicherheit von Vitamin D bei COVID-19 vorliegt.
Unsichere und unklare Evidenz zu Vitamin D aus nur 3 Studien
Die Autoren schließen, dass aktuell ungenügende Evidenz vorliegt, um die Vorteile und Nachteile einer Behandlung mit Vitamin D bei COVID-19 einzuschätzen. Die Evidenz für eine Wirksamkeit von Vitamin D bei COVID-19 ist sehr unsicher. Darüber hinaus gab es nur begrenzt Sicherheitsinformationen. Die betrachteten Studien unterschieden sich außerdem deutlich in Supplementierungsstrategie, Vitamin D-Status der Patienten und welche Behandlungsergebnisse berichtet wurden. Daher ist dringender Bedarf an guten Studien mit ausreichenden Patientenzahlen, in denen randomisiert und vergleichbar der Effekt von Vitamin D bei COVID-19-Patienten untersucht wird. Die Autoren identifizierten 21 laufende Studien sowie drei beendete, aber noch nicht publizierte Studien. Es besteht also die Chance, dass in naher Zukunft manche der noch offenen Fragen beantwortet und in diesem lebenden Review erneut adressiert werden können.
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Autor: Stroehlein JK, Wallqvist J, Iannizzi C, et al. Vitamin D supplementation for the treatment of COVID-19: a living systematic review. Cochrane Database Syst Rev. May 2021. doi:10.1002/14651858.CD015043
Foto: Pexels/ Michelle Leman