Tocilizumab bei COVID-19: Timing ist wichtig
Die anti-inflammatorische Behandlung, beispielsweise mit dem Antikörper Tocilizumab, stellt eine wichtige Therapieoption bei COVID-19 dar. Von 107 COVID-19-Patienten mit Tocilizumab-Behandlung im Krankenhaus überlebten deutlich mehr, die bereits auf der Normalstation behandelt wurden. Patienten, die das Medikament erst auf der Intensivstation erhielten, hatten hingegen deutlich geringere Chancen zu überleben.
Bei einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 kann es zur Erkrankung COVID-19 und dabei zu einer progressiv inflammatorischen Erkrankung kommen, die zu tödlichen Organschäden führen kann. Daher ist die anti-inflammatorische Behandlung, beispielsweise mit dem Antikörper Tocilizumab, eine wichtige Therapieoption.
Tocilizumab: Anti-inflammatorisch gegen COVID-19
Forscher ermittelten in einer Beobachtungsstudie, welchen Patienten mit COVID-19 die Behandlung mit Tocilizumab half. COVID-19-Patienten, die zwischen März 2020 und März 2021 mit dem Antikörper behandelt wurden, wurden in dieser Analyse berücksichtigt. Dabei wurde zentral die Sterblichkeit analysiert. Verstorbene und überlebende Patienten wurden bezüglich ihres Erkrankungsstadiums zum Zeitpunkt der Tocilizumab-Behandlung und mit Blick darauf verglichen, wo sie diese Therapie erhielten – beispielsweise in der Intensivstation.
107 COVID-19-Patienten mit Tocilizumab-Therapie
Insgesamt 107 Patienten im durchschnittlichen Alter von 60,8 Jahren (mind. 29 Jahre, maximal 96 Jahre), wurden in die Analyse aufgenommen. 16 Patienten (15 %) litten an einer moderaten COVID-19-Erkrankung, 47 Patienten (43,9 %) hatten einen schweren, 44 Patienten (41,1 %) einen kritischen Verlauf. Obwohl alle Patienten in Normalstationen aufgenommen worden waren, erhielten schließlich 26 Patienten (24,3 %) Tocilizumab auf der Intensivstation. Von den 107 Patienten überlebten 80 (74,7 %), 27 der Patienten (25,2 %) verstarben. Die Sterblichkeit war signifikant höher bei Patienten mit kritischer Erkrankung (96,3 %) als bei schwerer (3,7 %) oder moderater (0 %) Erkrankung (p < 0,001). Der Sauerstoffgehalt (periphere Sättigung) zum Zeitpunkt der Aufnahme ins Krankenhaus war bei später verstorbenen Patienten signifikant niedriger als bei Überlebenden. Die anfängliche Sauerstoff-Sättigung hatte einen unabhängigen Effekt auf die Sterblichkeit (p = 0,008).
Von den Patienten, die bereits auf der Normalstation mit Tocilizumab behandelt wurden, verstarben schließlich 8,6 %. Von den Patienten, die Tocilizumab auf der Intensivstation erhielten, verstarben hingegen 76,9 % (Differenz: p < 0,001).
Behandlung bereits in der Normalstation wirksamer als später
Die Daten zeigen, dass Tocilizumab eine effektive Behandlung bei COVID-19 darstellt, die die Sterblichkeit senken kann. Jedoch, so legen die Daten nahe, ist der Zeitpunkt der Behandlung möglichst früh in der klinischen Behandlung zu wählen – sind Patienten bereits in Intensivbehandlung, kann die Erkrankung schon zu weit fortgeschritten sein, um einen großen Behandlungsvorteil mit Tocilizumab zu erreichen. Die Studie zeigt darüber hinaus die Bedeutung der Sauerstoffsättigung zur frühzeitigen Einschätzung potenziell kritischer Verläufe auf.
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Autor: Gülhan M, Önal U, Demirci N, Cetin G, Calisir A, Köksalan D, Solmaz K, Kars A, Kilinc C, Gülten S. Tocilizumab is useful for coronavirus disease 2019 patients: the key point is timing. Rev Assoc Med Bras (1992). 2022 Mar;68(3):318-322. doi: 10.1590/1806-9282.20210602. PMID: 35442357.
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