Phytotherapie oder Homöopathie – Was sind die Unterschiede?
Natürliche Medizin – Beratung in der Apotheke vor Ort
Der Volksmund sagt, dass gegen jedes Leiden ein Kraut gewachsen sei. Das sehen wohl viele Deutsche so, als Beleg dient die hohe Zahl entsprechender Suchanfragen im Internet. Zuletzt immer häufiger gesucht wurde der Begriff „Phytopharmaka“. Doch was ist eigentlich die Phytotherapie oder auch Pflanzenheilkunde und wo liegen die Unterschiede zur Homöopathie? Phytotherapie sind geprüfte und zugelassene pflanzliche Arzneimittel wohingegen sich die Homöopathie auch chemischer Elemente in schrittweiser verdünnter Form bedient. Wann welche Therapie zum Einsatz kommt, erfahren Patient:innen in einem Beratungsgespräch in Ihrer Apotheke vor Ort, erklärt die Apothekerkammer Niedersachsen. Hier können sich Patientinnen und Patienten auch gleich über Möglichkeiten und Grenzen der Selbstmedikation informieren.
Was versteht man unter Phytotherapie und welchem Ansatz folgt sie?
Die Phytotherapie, auch Pflanzenheilkunde genannt, ist eines der ältesten Therapieverfahren in der Medizin. Die Arzneimittel zur Prävention und Behandlung von Krankheiten werden aus Pflanzen oder Teilen von Pflanzen hergestellt und heißen Phytopharmaka. Im Unterschied zu den pflanzlichen Arzneimitteln, die im Reformhaus oder Drogerie gekauft werden können, gibt es pflanzliche Arzneimittel, die nur in der Apotheke erworben werden können. Diese apothekenpflichtigen Phytopharmaka werden beim Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte, kurz BfArM, zugelassen. Dabei werden Studien und Untersuchungen eingereicht, die die Qualität und Unbedenklichkeit sowie die Wirksamkeit nachweisen. Diese Form der Therapie folgt medizinisch-naturwissenschaftlichen Grundsätzen und ist klar von der Homöopathie abzugrenzen.
Wie wirken Phytotherapeutika?
Pflanzen enthalten sogenannte Vielstoffgemische. Ihre Wirkung beruht demnach nicht auf einer einzelnen Substanz, sondern entfaltet sich durch das Zusammenspiel vieler Inhaltsstoffe. Genauso verhält es sich auch mit den aus Pflanzen hergestellten Phytotherapeutika. Die Inhaltsstoffe kommen zum Beispiel aus Blüten, Blättern, Wurzeln oder ganzen Pflanzen und können zu Pulvern, Tabletten, Extrakten, Tropfen, Presssäften und vielem mehr verarbeitet werden.
Welche Phytotherapeutika werden eingesetzt?
Verbreitete Phytotherapeutika sind beispielsweise Hustensäfte mit Thymian-, Efeublätter- oder Eibischwurzelextrakt. Ginkoblätterextrakt kann die Durchblutung fördern. Gegen leichte Depressionen können Johanniskrautextrakte helfen, bei mittelschweren Depressionen sind auch Mittel mit höherer Dosierung erhältlich, die aber verschreibungspflichtig sind. Mönchspfeffer wird bei Zyklusstörungen eingesetzt, und bei Magen-Darm-Beschwerden können Extrakte aus Süßholzwurzel, Pfefferminze, Kamille und diversen bitteren Pflanzen Abhilfe schaffen. Unterstützend zu einer Blasenentzündung können Tropfen oder Tabletten aus Bärentraubenblättern eingesetzt werden. Zur Beruhigung lassen sich Lavendelöl oder Baldrianextrakte einsetzen.
Wie funktioniert Homöopathie?
Die Homöopathie beruht auf dem Ähnlichkeitsprinzip von Samuel Hahnemann „similia similibus curentur“, also „Ähnliches soll mit Ähnlichem geheilt werden“. Stoffe oder Stoffgemische werden im Herstellungsprozess verdünnt und verschüttelt, was auch Potenzierung genannt wird. Dabei folgt man dem Homöopathischen Arzneibuch (HAB), welche Vorschriften zur Herstellung, Prüfung, Lagerung, Qualitätskriterien, Abgabe und Bezeichnung von homöopathischen Mitteln beinhaltet. Das HAB ist Teil des offiziellen Deutschen Arzneibuchs.
Die Qualität und Unbedenklichkeit dieser Präparate müssen nachgewiesen werden, doch sie haben keinen Wirksamkeitsnachweis. Sie werden deshalb nur registriert, aber nicht als Arzneimittel zugelassen. Die Anwendung erfolgt nach Erfahrung und geht zurück auf den Begründer der Homöopathie Samuel Hahnemann (1755-1843) und seine sogenannten Arzneimittelbilder. Die Homöopathie ist nicht evidenzbasiert.
Ist eine evidenzbasierte Medikation die bessere Medikation?
Die evidenzbasierte Medizin soll die Entscheidungsgrundlage für Therapeut:innen verbessern und die Therapiequalität erhöhen. Arzneimittel müssen in wissenschaftlichen Studien untersucht werden und dabei ihre Wirksamkeit beweisen. Die Patient:innen haben ein Anrecht auf eine Behandlung mit Methoden und Arzneimitteln, die dem aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse entsprechen. Daher sind in erster Linie Präparate mit nachgewiesener Wirksamkeit und Nutzen anzuwenden, teilt das Bundesministerium für Gesundheit mit.
Worauf sollten Patientinnen und Patienten achten?
Wenn Patient:innen ihre Erkrankungen mit pflanzlichen Arzneimitteln behandeln möchten oder für ihre Beschwerden Unterstützung in Form solcher Arzneimittel suchen, sollten sie einen Beratungstermin in ihrer Apotheke vor Ort vereinbaren. Aufgrund ihrer Erfahrung und Ausbildung können Apothekerinnen und Apotheker Patient:innen bei der Auswahl des geeigneten Arzneimittels helfen, über Anwendung, Dosierung, Nebenwirkungen sowie Wechselwirkungen aufklären, und sie wissen auch, wann ein Arztbesuch ratsam ist.
Der Apothekerkammer Niedersachsen gehören rund 7.800 Mitglieder an. Die Apothekerin und der Apotheker sind fachlich unabhängige Heilberufler:innen. Der Gesetzgeber hat den selbstständigen Apotheker:innen die sichere und flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln übertragen. Der Beruf erfordert ein vierjähriges Pharmaziestudium an einer Universität und ein praktisches Jahr. Dabei erwerben die Studierenden Kenntnisse in pharmazeutischer Chemie und Biologie, Technologie, Pharmakologie, Toxikologie und Klinische Pharmazie. Nach dem Staatsexamen erhalten die Apotheker:innen eine Approbation. Nur mit dieser staatlichen Zulassung können sie eine öffentliche Apotheke führen. Als Spezialist:innen für Gesundheit und Prävention beraten die Apotheker:innen die zur Ausübung der Heilkunde berechtigten Personen kompetent und unabhängig über Arzneimittel und apothekenpflichtige Medizinprodukte. Apotheker:innen begleiten Patient:innen fachlich, unterstützen menschlich und helfen so, die Therapie im Alltag umzusetzen.
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