In einem gemeinsamen Projekt der medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und der SRH Hochschule Heidelberg wurde ein hochinnovatives digitales Gesundheitsförderungs- und Präventionsprogramm für Long-COVID-Betroffene entwickelt. Die Pilotstudie startet im Januar 2023.

Corona ist noch nicht vorbei, leider. Die Langzeitfolgen werden noch jahrelang spürbar sein, sowohl für die Wirtschaft als auch für die Medizin und Gesellschaft. Konservativ geschätzt, sind allein in Deutschland etwa drei Millionen Menschen in Deutschland von Long-COVID betroffen. Speziell die hausärztlichen Praxen sind stark belastet, haben kaum noch Kapazitäten, um auf die vielfältigen, individuellen Symptome einzugehen. Wissenschaftler:innen der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg und der SRH Hochschule Heidelberg haben im Rahmen des Projekts AMBIGOAL-ANCOR ein 12-wöchiges digitales Gesundheitsförderungs- und Präventionsprogramm entwickelt, das im Januar 2023 mit 600 Patient:innen in Baden-Württemberg startet. Die Studie heißt „MiLoCoDaS“, was sich aus „mild to moderate long covid digital intervention study“ zusammensetzt. Aktuell läuft die Aufnahme der interessierten Patient:innen in das Studienprogramm über die teilnehmenden hausärztlichen Praxen. Betroffene können sich hierzu an die Studienkoordination über die folgende Homepage wenden: http://www.wieder-fit-nach-covid.de/.

„Die Situation in den hausärztlichen Praxen ist schwierig“, sagt Projektleiter Prof. Dr. Joachim E. Fischer, Leiter der Abteilung Allgemeinmedizin am Zentrum für Präventivmedizin und Digitale Gesundheit (CPD) der Medizinischen Fakultät Mannheim der Universität Heidelberg. „Angesichts des Versorgungsdrucks fehlen schlichtweg die Ressourcen, um Patient:innen mit Long-COVID zu behandeln. Darunter leiden nicht nur die Patient:innen selbst, sondern auch die Wirtschaft.“ Gemeinsam mit der Psychologie-Professorin Dr. Nadia Sosnowsky-Waschek von der SRH Hochschule Heidelberg startet er ein ambitioniertes Projekt: 600 Patient:innen erhalten Zugang zu einer digitalen Lernplattform und können über einen Zeitraum von zwölf Wochen an einem Online-Gesundheitstraining teilnehmen. Hierzu gehören u.a. solche Module wie Akzeptanz, Schmerz- und Emotionsregulation, kognitive Leistungsfähigkeit, Ressourcentraining oder Stressbewältigung. Ein Teil der Patient:innen erhält zusätzlich zu den z.T. interaktiven Übungen auf der Lernplattform, auch einen Zugang zu einem kursleitergestützten Webinar, in dem die Modulinhalte zusammen mit anderen Betroffenen im geschützten Rahmen erarbeitet werden. Ziel der Studie ist es, das allgemeine Befinden und die Selbstkompetenz der Patient:innen mit den Folgen ihrer COVID-19 Infektion besser umgehen zu können, signifikant zu verbessern. Gelingt dies den Wissenschaftler:innen, wäre hiermit ein wichtiger Schritt in Richtung evidenzbasierter digitaler Gesundheitsanwendungen (DiGa) getan. Die Digitalisierung in der medizinischen Versorgung zu verbessern, ist auch ein erklärtes Ziel des Gesundheitsstandortes Baden-Württemberg.

„Und genau diese Herausforderung im Kontext von Long-COVID gilt es zu meistern! Die Patient:inen brauchen Unterstützung. Die Studienlage zeigt, wie heterogen und individuell das Beschwerdebild postviraler Krankheitsverläufe speziell nach einer COVID-19-Infektion ist. Das Spektrum reicht u.a. von Erschöpfung, über respiratorische, kardiovaskuläre oder neurologische Symptome hin zu diversen psychologischen Beschwerden“, sagt Prof. Sosnowsky-Waschek. „Im Rahmen des Milocodas-Programms haben wir eine große Bandbreite zentraler Gesundheitskompetenzen abgedeckt. Evidenzbasierte psychologische Techniken der Gesundheitsförderung haben wir multiprofessionell und systematisch mit ärztlichen und ernährungsphysiologischen Informationen sowie physiotherapeutische Übungen kombiniert. Dieser Ansatz kann durchaus als innovativ und zeitgemäß bezeichnet werden“, so die Professorin.

Bereits seit 20 Jahren entwickelt Prof. Sosnowsky-Waschek, Studiengangsleiterin und Studiendekanin, gesundheitspsychologische Programme, unter anderem gemeinsam mit Studierenden der SRH Hochschule Heidelberg, welche auch als Trainer:innen eingesetzt werden. Die Hochschule wird damit ihrer langen Tradition der angewandten Forschung gerecht.

Die Studie MiLoCoDaS erfolgt im Rahmen des Projektes AMBIGOAL-ANCOR, einem Living Lab für Corona-Langzeitfolgen im Nordschwarzwald. Es nutzt bestehende hausärztliche Prozesse, um ein digital-basiertes, patientenzentriertes Pandemie-Behandlungskontinuum (Patient Journey) mit Fokus auf Post-COVID-19-Erkrankungen zu etablieren. Das Projekt wird vom Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg gefördert. Aktuell ist ein Folgeprojekt im betrieblichen Setting geplant, kündigt das wissenschaftliche Projektteam an. Hierfür werden noch teilnehmende Unternehmen gesucht. Bei Interesse kann Prof. Dr. Nadia Sosnowsky-Waschek kontaktiert werden.

Weitere Informationen:

http://www.wieder-fit-nach-covid.de/ Zur Long-COVID-Pilotstudie „Milocodas“
https://www.srh-hochschule-heidelberg.de/meta/presse/expertinnen-service/ Zum Expert:innenservice der SRH Hochschule Heidelberg

Foto: Pexels/ cottonbro