Altersmediziner empfehlen Senioren dringend Doppelimpfung gegen Grippe und Corona
Corona ist für viele Senioren und vor allem hochaltrige Patienten gerade wieder ein Problem. Kombiniert mit saisonalen Infekten wie Grippe, Pneumokokken oder auch Keuchhusten werden derzeit viele Ü60-Jährige stationär in den Kliniken behandelt. Auch die sehr schweren Verläufe sehen Mediziner derzeit vor allem bei älteren Menschen – der durchschnittliche COVID-19-Patient auf der Intensivstation ist 75 Jahre und älter, denn 85 Prozent der Patienten sind hochbetagt. „Der Schutz dieser vulnerablen Gruppe durch Impfungen bedarf deshalb noch größerer Aufmerksamkeit“, fordert Dr. med. Anja Kwetkat (Foto), Chefärztin der Klinik für Geriatrie und Palliativmedizin am Klinikum Osnabrück und Leiterin der Arbeitsgruppe Impfen der Deutschen Gesellschaft für Geriatrie (DGG). Und weist darauf hin, dass es auch jetzt für den wichtigen Piks noch nicht zu spät ist!
Generell sollte die jährliche Grippe-Impfung für Senioren ab 60 Jahren zur Routine werden, wie das Reifen-Wechseln zur Saison am eigenen Auto – so empfiehlt es auch die STIKO. „Der quadrivalente (vierfache) Hochdosis-Impfstoff, der vor gut zwei Jahren eingeführt wurde, hat sich gut etabliert und zeichnet sich durch einen stärkeren Wirkschutz aus als der Standard-Impfstoff“, erklärt Dr. Anja Kwetkat. „Verlangen Sie mit über 60 Jahren unbedingt diesen Impfstoff, um eine gute Immunantwort zu erhalten.“
Insbesondere älteren Menschen und Menschen mit Vorerkrankungen rät sie deshalb unbedingt zur jährlichen Grippe-Impfung. Zu relevanten Vorerkrankungen zählen die koronare Herzkrankheit (KHK), eine Herz- oder Niereninsuffizienz, Schlaganfall oder Diabetes. „Insbesondere bei den Herz-Kreislauf-Erkrankten besteht bei einer Grippeinfektion ein erhöhtes Risiko für das Auftreten kardiovaskulärer Komplikationen – und das auch noch nach überstandener Grippeinfektion“, so Kwetkat. Geimpfte Menschen sind gegenüber solch schweren Folgeerkrankungen deutlich besser geschützt.
Neu: Doppelimpfung gegen Grippe und Corona möglich
Wichtig zu wissen: Aufgrund der aktualisierten Datenlage wird die Influenza-Impfung jetzt gleichzeitig mit der COVID-19-Impfung empfohlen – vor allem für Ü60-Jährige, so die STIKO. „Für Senioren mit Basisimmunität wird eine Auffrischungsimpfung empfohlen. Im Moment geht man davon aus, dass diese jährlich benötigt wird und bevorzugt im Herbst verabreicht werden soll. Der Abstand zur letzten Auffrischungsimpfung sollte dann mindestens zwölf Monate her sein und zur letzten Infektion mindestens sechs Monate“, erklärt Impfexpertin Kwetkat.
Zur Erinnerung: Eine Basisimmunität besteht bei Personen, die drei Impfungen bekommen haben oder zwei Impfungen und eine COVID-Infektion durchgemacht haben.
Auch Empfehlung für Pneumokokken-Impfung
Alle Ü60-Jährigen sollten sich zudem mit dem 20-valenten Konjugatimpfstoff gegen Pneumokokken impfen lassen – egal ob mit Vorerkrankungen oder ohne Vorerkrankungen. Für Senioren mit Vorerkrankungen, die vor mindestens sechs Jahren mit dem älteren Polysaccharidimpfstoff geimpft wurden, wird eine einmalige Auffrischung mit dem neuen 20-valenten Konjugatimpftstoff empfohlen.
„Wir Altersmediziner hoffen, dass sich hier die Impfquote noch deutlich steigern wird, denn die Impfquote bei Pneumokokken ist leider noch vergleichsweise gering“, weiß Dr. Kwetkat. „Der Hausarzt sollte den Impfstatus überprüfen. Fragen Sie unbedingt danach, wenn Sie sich unsicher sind!“ Denn weiterhin ist eine Lungenentzündung, ausgelöst durch Pneumokkoken, eine sehr schwere Erkrankung, vor der man sich aber einfach schützen kann.
Impfen ist fast immer möglich – außer bei Fieber
Mit Blick auf den Kalender wäre der Gang zum Hausarzt und zur Impfung bereits im Oktober sicherlich sehr gut gewesen. „Aber es ist jetzt kurz vor Weihnachten trotzdem nicht zu spät“, fordert Dr. Anja Kwetkat auf, Versäumtes nachzuholen.
Einzig und allein gilt es, nicht während eines Infektes zu impfen. „Fieber ist eine echte Gegenanzeige zum Impfen“, so Kwetkat. Also selbst wenn man nach einer rauschenden Familienfeier jetzt doch etwas Sorge vor Ansteckung hat, es vielleicht schon im Hals kratzt, kann geimpft werden. „Je mehr Senioren sich jetzt noch zur Impfung entschließen, desto weniger Patienten werden wir Altersmediziner in den nächsten Wochen auf unseren Stationen und Intensivstationen sehen“, ist Frau Dr. Kwetkat überzeugt. „Es ist wirklich wichtig!“
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