FDA-Zulassung für Therapeutikum gegen metastasierten Prostatakrebs
Die US-amerikanische Zulassungsbehörde Food and Drug Administration (FDA) hat am 23. März 2022 einem Medikament gegen metastasierten Prostatakrebs die Zulassung erteilt, das auf einem Gemeinschaftspatent des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) und der Universität Heidelberg basiert. Der Wirkstoff verbessert die Überlebenschancen der Betroffenen erheblich. Die Erfindung sei ein herausragendes Beispiel für den Transfer exzellenter Forschungsergebnisse in die klinische Anwendung, so DKFZ-Vorstand Michael Baumann.
Das Medikament Lutetium-177 PSMA-617 wurde in den USA zugelassen für die Behandlung von metastasiertem Prostatakrebs, der das Oberflächenmolekül PSMA (prostataspezifisches Membran-Antigen) trägt. Die Zulassung des von Novartis vertriebenen Medikaments ist beschränkt auf Patienten, die zuvor bereits eine Chemotherapie erhalten hatten und die nicht auf Hormonentzug ansprechen.
Der Wirkstoff war in jahrelanger interdisziplinärer translationaler Forschung von Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern am DKFZ, der Universität Heidelberg und dem Universitätsklinikum Heidelberg entwickelt worden.
In der Zulassungsstudie (VISION III), die an mehreren US-amerikanischen Kliniken durchgeführt wurde, reduzierte Lutetium-177 PSMA-617 in Kombination mit einer Standardtherapie die Gesamtsterblichkeit im Beobachtungszeitraum der Studie um 38 Prozent und das Fortschreiten der Erkrankung bei 60 Prozent der Probanden.
„Die FDA-Zulassung ist eine große Chance für die betroffenen Männer und ein großer Erfolg für das DKFZ: Unsere Mission ist es, mit exzellenter Grundlagenforschung Wissen und Lösungen für die klinische Praxis zu liefern. Mit der Erfindung von Lutetium-177 PSMA-617 ist unseren Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ein herausragendes Beispiel für diesen Transfer gelungen“, sagt Michael Baumann, Vorstandvorsitzender des DKFZ. „Von dem neuen Medikament können jetzt weltweit Patienten mit fortgeschrittenem Prostatakrebs profitieren, die sonst kaum noch aussichtsreiche Behandlungsoptionen haben.“
„Dieser gemeinsame Erfolg von DKFZ, Universität Heidelberg und Universitätsklinikum Heidelberg zeigt einmal mehr die herausragenden Leistungen unserer Forscherinnen und Forscher, in diesem Falle bei der Entwicklung von modernen pharmazeutischen Wirkstoffen. Zugleich ist dies auch ein Ergebnis der exzellenten Zusammenarbeit unserer Institutionen in Forschung und Transfer“, betont Matthias Weidemüller, Prorektor für Innovation und Transfer der Universität Heidelberg.
Derzeit laufen bereits weitere klinische Studien, die prüfen, ob Lutetium-177 PSMA-617 auch Patienten mit metastasiertem Prostatakrebs, die zuvor noch keine Chemotherapie erhalten haben, einen Überlebensvorteil bringt. Das von Novartis vertriebene Medikament wird in Kürze voraussichtlich auch in Europa zugelassen.
Prostatakrebs ist mit 70.000 Neuerkrankungen/Jahr die häufigste Krebserkrankung und die zweithäufigste Krebstodesursache bei Männern in Deutschland. Ist der Tumor bei der Diagnose noch auf die Prostata beschränkt, so liegt die Wahrscheinlichkeit, die ersten fünf Jahre nach der Diagnose zu überleben, nahezu bei 100 Prozent, bei metastasierten Tumoren dagegen nur bei 30 Prozent.
Bei Lutetium-177 PSMA-617 handelt es sich um einen mit radioaktivem Lutetium-177 gekoppelten Liganden, der an das Prostata-spezifische Membranantigen, kurz PSMA, passgenau andocken kann. Die Mehrzahl aller Prostatakrebszellen trägt das Glykoprotein PSMA auf ihrer Zellmembran, im übrigen Körper kommt es dagegen kaum vor. Die Krebszellen nehmen den Wirkstoff ins Zellinnere auf, so dass er sich in den Tumoren anreichert und von innen heraus seine tödliche Strahlendosis abgibt, was die Wirkung der Therapie besonders präzise und zielgenau macht.
Unter der Federführung des DKFZ wurde Lutetium-177 PSMA-617, 2014 zunächst zur weiteren Entwicklung und Vermarktung exklusiv an die ABX GmbH in Radeberg auslizenziert. 2017 erwarb die US-amerikanische Endocyte Inc. die Lizenzrechte von ABX. 2018 wurde Endocyte von Novartis übernommen.
Das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) ist mit mehr als 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern die größte biomedizinische Forschungseinrichtung in Deutschland. Über 1.300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler erforschen im DKFZ, wie Krebs entsteht, erfassen Krebsrisikofaktoren und suchen nach neuen Strategien, die verhindern, dass Menschen an Krebs erkranken. Sie entwickeln neue Methoden, mit denen Tumoren präziser diagnostiziert und Krebspatienten erfolgreicher behandelt werden können. Beim Krebsinformationsdienst (KID) des DKFZ erhalten Betroffene, interessierte Bürger und Fachkreise individuelle Antworten auf alle Fragen zum Thema Krebs. Gemeinsam mit Partnern aus den Universitätskliniken betreibt das DKFZ das Nationale Centrum für Tumorerkrankungen (NCT) an den Standorten Heidelberg und Dresden, in Heidelberg außerdem das Hopp-Kindertumorzentrum KiTZ. Im Deutschen Konsortium für Translationale Krebsforschung (DKTK), einem der sechs Deutschen Zentren für Gesundheitsforschung, unterhält das DKFZ Translationszentren an sieben universitären Partnerstandorten. Die Verbindung von exzellenter Hochschulmedizin mit der hochkarätigen Forschung eines Helmholtz-Zentrums an den NCT- und den DKTK-Standorten ist ein wichtiger Beitrag, um vielversprechende Ansätze aus der Krebsforschung in die Klinik zu übertragen und so die Chancen von Krebspatienten zu verbessern. Das DKFZ wird zu 90 Prozent vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und zu 10 Prozent vom Land Baden-Württemberg finanziert und ist Mitglied in der Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren.
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