Der Lebensmittelzusatzstoff Carrageen (E 407) kann in Tieren für die Entstehung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Geschwüren und erhöhten Blutzuckerwerten verantwortlich sein. DZD-Forschende untersuchten nun die Auswirkungen von Carrageen auf den menschlichen Darm und den Zuckerstoffwechsel. Dabei zeigte sich eine erhöhte Durchlässigkeit des Dünndarms, höchstwahrscheinlich aufgrund einer Entzündung des Darms. Bei übergewichtigen Teilnehmenden deuten die Daten auf eine geringere Insulinsensitivität hin.

Carrageen – auch bekannt als E 407 – wird von der Lebensmittelindustrie als Emulgator und Verdickungsmittel in zahlreichen Fertigprodukten eingesetzt. Studien zeigten, dass der Zusatz in Tieren zur Entstehung von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Geschwüren und erhöhten Blutzuckerwerten führen kann. Doch wie sich Carrageen auf das Risiko der Entwicklung von Typ-2-Diabetes bei Menschen auswirkt, ist noch nicht bekannt. Dieser Fragestellung wurde nun in einer klinischen Studie unter Leitung der DZD-Forscher Prof. Dr. med. Robert Wagner und Prof. Dr. med. Norbert Stefan untersucht.

Erhöhung der Durchlässigkeit des Dünndarms

In der Studie erhielten junge, gesunde Männer mit einem BMI von weniger als 30 kg/m² (durchschnittlicher BMI 24,5 kg/m²) zusätzlich zu ihrer normalen Ernährung entweder Carrageen, in einer Menge, die etwa der zwei- bis dreifachen Tagesdosis entspricht, die in den USA konsumiert wird, oder ein Placebo. Beide Gruppen wurden über einen Zeitraum von zwei Wochen beobachtet. Die Ergebnisse zeigten eine Erhöhung der Durchlässigkeit des Dünndarms, höchstwahrscheinlich aufgrund einer Entzündung des Darms.

“Unsere Untersuchung deutet darauf hin, dass der Konsum von Carrageen, ähnlich wie in den durchgeführten Tierstudien, die Barrierefunktion des Darms beeinträchtigen kann”, erklärt Prof. Robert Wagner, Erstautor der Studie. “Dies könnte langfristig gesundheitliche Folgen haben und das Risiko für entzündliche Erkrankungen erhöhen.”

Bei übergewichtigen Teilnehmern deuten die Daten auf eine geringere Insulinsensitivität hin

Der primäre Endpunkt der Studie war die Insulinsensitivität – die Wirksamkeit des blutzuckersenkenden Hormons Insulin –, die bereits früh vor dem Entstehen eines Typ-2-Diabetes abnimmt. Obwohl bei den 20 Studienteilnehmenden die Insulinwirkung durch Carrageen in dieser Studie nicht signifikant verändert wurde, gab es Hinweise darauf, dass bei den Studienteilnehmenden mit höherem Körpergewicht eine Verringerung der Insulinwirkung, insbesondere in der Leber, unter vermehrtem Konsum von Carrageen auftrat. Weiterhin hatten diese übergewichtigen Männer unter erhöhter Zufuhr von Carrageen einen Anstieg der Entzündungswerte im Blut und Hinweise für eine Entzündung im Bereich des Hypothalamus, der Hirnregion, welche für den Zuckerstoffwechsel und den Appetit verantwortlich ist.

Weitere Untersuchungen zu den gesundheitlichen Auswirkungen von Carrageen notwendig

“Unsere Probanden waren im Mittel vermutlich noch zu gesund, um deutliche stoffwechselbezogene Effekte durch Carrageen zu zeigen”, sagt Prof. Norbert Stefan. “Bei älteren oder übergewichtigen Personen könnten die Auswirkungen jedoch stärker sein. Um dies zu bestätigen, sind weitere Studien in diesen Bevölkerungsgruppen notwendig.”

Die Forscher betonen die Bedeutung weiterer Untersuchungen zur Wirkung von Carrageen auf den menschlichen Körper. “Angesichts der weitverbreiteten Verwendung von Carrageen in Lebensmitteln sollten mögliche gesundheitliche Risiken ernst genommen werden”, meint Prof. Wagner abschließend. “Es ist wichtig, dass wir verstehen, wie Lebensmittelzusatzstoffe unsere Gesundheit beeinflussen können, um fundierte Empfehlungen für die Öffentlichkeit aussprechen zu können.”

Original-Publikation:

Wagner, R., Buettner, J., Heni, M. et al. Carrageenan and insulin resistance in humans: a randomised double-blind cross-over trialBMC Med 22, 558 (2024). DOI: doi.org/10.1186/s12916-024-03771-8

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