Neue Omikron-Untervariante BQ.1.1 resistent gegen alle therapeutischen Antikörper
Entwicklung neuer Antikörpertherapien notwendig
Sind die zurzeit zugelassenen Antikörpertherapien, die für die Behandlung von Personen mit einem erhöhten Risiko für eine schwere COVID-19-Erkrankung eingesetzt werden, auch gegen die aktuell zirkulierenden Virusvarianten wirksam? Eine aktuelle Studie von Forschenden des Deutschen Primatenzentrum – Leibniz Institut für Primatenforschung, der FAU Erlangen-Nürnberg und des Uniklinikums Erlangen zeigt, dass die Omikron-Untervariante BQ.1.1, die sich derzeit weltweit auf dem Vormarsch befindet, gegen alle zugelassenen Antikörpertherapien resistent ist. Ihre Ergebnisse haben die Forschenden im Fachmagazin The Lancet Infectious Diseases veröffentlicht.
Als Folge einer Infektion mit SARS-CoV-2 oder einer COVID-19-Impfung kommt es im Körper zu einer Immunantwort. Dabei werden unter anderem neutralisierende Antikörper gebildet, die zum Schutz vor einer (erneuten) Infektion mit SARS-CoV-2 sowie einem schweren Krankheitsverlauf beitragen. Neutralisierende Antikörper schützen, indem sie sich an das virale Stachelprotein „Spike“ anheften und so verhindern, dass das Virus in Zellen eindringen kann.
Allerdings sind einige SARS-CoV-2-Varianten, insbesondere die Omikron-Variante, durch Mutationen im Spike-Protein in der Lage, einigen neutralisierenden Antikörpern zu entkommen und dadurch auch in geimpften oder genesenen Personen symptomatische Infektionen auszulösen. Man spricht von Immunflucht. Dies stellt eine besondere Gefahr für Risikogruppen dar, da insbesondere hochbetagte Personen sowie Menschen mit einem geschwächten Immunsystem selbst nach vollständiger Impfung oftmals keine ausreichende Immunantwort ausbilden, um vor einem schweren Verlauf der Infektion geschützt zu sein.
Um Risikopatientinnen und -patienten zu schützen, werden ihnen biotechnologisch hergestellte Antikörper vorbeugend oder als frühe Therapie bei einer diagnostizierten SARS-CoV-2-Infektion verabreicht. Mutationen im Spike-Protein von verschiedenen SARS-CoV-2-Varianten vermitteln Resistenz gegen einzelne Antikörpertherapien. Daher ist es wichtig, regelmäßig zu überprüfen, ob die zurzeit zugelassenen Antikörpertherapien weiterhin gegen die aktuell zirkulierenden Virusvarianten wirksam sind.
Prof. Dr. Hans-Martin Jäck, Leiter der Molekular-Immunologischen Abteilung des Uniklinikums Erlangen, und sein Mitarbeiter Sebastian Schulz haben mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des Deutschen Primatenzentrums – Leibniz Institut für Primatenforschung untersucht, wie effizient die derzeit zugelassenen Antikörpertherapien die aktuell zirkulierenden Omikron-Untervarianten hemmen. Dabei haben sie festgestellt, dass die Omikron-Untervariante BQ.1.1, die weltweit auf dem Vormarsch ist, gegen sämtliche verfügbaren Antikörpertherapien resistent ist.
Bei ihren Untersuchungen stellten die Forschenden fest, dass die Omikron-Untervariante BQ.1.1 weder durch einzelne Antikörper noch durch Antikörpercocktails neutralisiert werden konnte. Im Gegensatz dazu wurde die derzeit vorherrschende Omikron-Untervariante BA.5 noch durch einen zugelassenen Antikörper und zwei zugelassene Antikörpercocktails neutralisiert.
Auch die Tatsache, dass die Omikron-Untervariante BQ.1.1 bereits resistent gegenüber einer neuen Antikörpertherapie ist, die kurz vor der Zulassung in den USA steht, stellt die Bedeutung der Entwicklung von neuen Antikörpertherapien gegen COVID-19 heraus.
Link zur Original-Publikation: https://doi.org/10.1016/S1473-3099(22)00733-2
Foto: Pexels/ cottonbro