Stimme als Indikator für Herzschwäche
Start des BMBF-geförderten Innovationsprojekts UNISONO zur Entwicklung eines neuartigen Sensorsystems mit KI-gesteuerten stimmlichen Biomarkern für Menschen mit Herzinsuffizienz. Mit UNISONO wollen die Projektpartner Zana, DZHI und Cosinuss° einen wichtigen Beitrag zur effektiveren Behandlung von Herzinsuffizienz, Früherkennung von Dekompensationen und Reduzierung von Krankenhausaufenthalten leisten.
Würzburg. Ob Freud oder Leid, Wut, Angst oder Enttäuschung – unsere Gefühle schlagen sich wie die Persönlichkeit auf die Stimme nieder. Auch Krankheiten können hörbar sein. In den vergangenen Jahren ist ein neues Forschungsgebiet entstanden, in dem untersucht wird, wie sich Krankheitsverläufe an Veränderungen der Stimme festmachen lassen und wie sich stimmliche Biomarker in die Gesundheitsversorgung integrieren lassen. Das Deutsche Zentrum für Herzinsuffizienz (DZHI) am Uniklinikum Würzburg ist an der Entwicklung eines neuartigen Sensorsystems mit durch Künstliche Intelligenz (KI) gesteuerten stimmlichen Biomarkern für Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz beteiligt. Das DZHI liefert die klinische Expertise für das Innovationsprojekt UNISONO während die Cosinuss° GmbH mit ihrem patentierten Ohrsensor die Hardware in das Projekt einbringt. Zana Technologies GmbH koordiniert das Projekt und entwickelt als Anbieter von Konversations- und Sprach-KI-Lösungen für das Gesundheitswesen die neuartige Technologie. Das Projekt wird seit August drei Jahre lang vom Bundesministerium für Bildung und Forschung mit insgesamt 1,248 Mio Euro gefördert.
Wassereinlagerungen können Stimme beeinflussen
„Eine Herzinsuffizienz ist insbesondere durch häufig wiederkehrende Wassereinlagerungen im Körper gekennzeichnet. Betreffen diese sogenannten Ödeme die Stimmlippen und die Lunge, kann sich das auf die Stimme der Betroffenen auswirken“, erklärt Dr. Fabian Kerwagen, Projektleiter von UNISONO am DZHI. Veränderungen in der Stimme könnten sich somit als Frühindikatoren einer beginnenden Dekompensation, also einer Verschlechterung oder ganz allgemein von Veränderungen des Gesundheitszustands der Betroffenen eignen.
Die ersten Stimmanalysen sollen Anfang nächsten Jahres am DZHI und in der Medizinischen Klinik und Poliklinik I am Uniklinikum Würzburg durchgeführt werden. Dazu nehmen die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer zunächst über eine mobile Anwendung, App, mehrere Wochen lang ihre Stimme auf, und zwar in verschiedenen Phasen ihrer Erkrankung, angefangen beim stationären Aufenthalt aufgrund einer akuten Dekompensation bis hin zum rekompensierten Zustand.
Stimm-Biomarker für klinische Phänotypisierung mittels Ohr-Sensor
Primäres Ziel des Forschungsvorhabens ist es, die Stimmanalysen mit Hilfe eines Sensors, der am Ohr getragen wird, und vermittels neuer KI-Technologien durchzuführen. Der Cosinuss°-In-Ear-Sensor wird bereits erfolgreich zur Erfassung physiologischer Körpersignale wie Körpertemperatur, Herzfrequenz, Sauerstoffsättigung und Atemfrequenz angewendet. Um eine gleichzeitige Sprachinteraktion zu ermöglichen, soll der Sensor nun um Mikrofon und Lautsprecher erweitert werden. Ein intelligenter Sprachassistent analysiert über Gespräche mit den Nutzerinnen und Nutzern die Stimme. Für die Entwicklung neuartiger Sprach-Biomarker und die digitale Erkennung von Krankheitszuständen entwickelt Zana innovative Methoden, die die bereits bestehende KI-Plattform erweitern.
„Mit UNISONO untersuchen wir, wie sich Sprach- und Vitaldaten kombinieren lassen und wie die Datenqualität durch einen intelligenten Sprachassistenten verbessert werden kann, um sie als Gesundheitsprädiktor bei Herzinsuffizienz zu nutzen“, legt Dr. Julia Hoxha dar, Geschäftsführerin von Zana und koordinierende Projektpartnerin. „Unser Ziel ist es, aus den gesammelten Daten neuartige stimmliche Biomarker für die KI-gestützte klinische Phänotypisierung von Menschen mit Herzinsuffizienz abzuleiten“, fasst Dr. Johannes Kreuzer, Geschäftsführer von Cosinuss°, zusammen.
Großes Potential für Telemonitoring und Prävention bei Herzinsuffizienz
Fabian Kerwagen zufolge haben stimmliche Biomarker ein enormes Potential für die Verbesserung der Patientenversorgung bei Herzinsuffizienz, da sie nicht-invasiv, kostengünstig und einfach zu erheben sind und aus der Ferne beurteilt werden können. „Die Kombination der Patientenstimme mit der am Ohr getragenen Technologie wird eine umfassende digitale Phänotypisierung von Menschen mit Herzinsuffizienz ermöglichen. Das eröffnet uns ganz neue Möglichkeiten für Telemonitoring und Prävention bei Patientinnen und Patienten mit Herzinsuffizienz.“
Herzinsuffizienz, an der fast vier Millionen Menschen in Deutschland leiden, ist hierzulande der Nummer-1-Grund für Krankenhauseinweisungen und mit einer höheren Sterblichkeit verbunden als die meisten Tumorerkrankungen.
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