Schlechte Luft in den Städten – da ist die Rede von Feinstaub, Luftverschmutzung und Dieselfahrverboten. Denn gerade der Verkehr und besonders Dieselfahrzeuge werden für die Luftverschmutzung in Städten verantwortlich gemacht. Ergebnisse britischer Forscher zeigen, dass die Auswirkungen auf die Gesundheit direkt messbar sind – schon nach einem zweistündigen Spaziergang. Und besonders COPD-Patienten macht die Luftverschmutzung zu schaffen.


Doch was ist eigentlich die Verschmutzung unserer Luft? Autoabgase, klar. Beim Verbrennen des Treibstoffs im Motor der Autos entstehen aus unerwünschten Nebenreaktionen gasförmige Stickoxide (NOx). Dabei handelt es sich vor allem um Stickstoffmonoxid sowie einem Teil Stickstoffdioxid. Stickstoffmonoxid reagiert aber sehr schnell mit Sauerstoff (O2) und Ozon (O3) und wird zu Stickstoffdioxid umgewandelt. Stickstoffdioxid reizt die Atemwege und Schleimhäute und macht sie anfälliger für Krankheitserreger. Gleichzeitig führen Stickoxide und weitere Stoffe in der Luft dazu, dass mehr Ozon gebildet wird, das ebenfalls die Schleimhäute reizt. Als weiteres Nebenprodukt der Verbrennung der Automotoren entsteht Ruß. Diese feinen Partikel bilden zusammen mit Abrieb z. B. des Straßenbelags, Reifen, Bremsen, Katalysatoren usw. Feinstaub, den wir einatmen. Neben dem Verkehr wird aber auch durch Industrie, besonders die Energiegewinnung aus fossilen Energieträgern, durch Flug-, Schiff- und Bahnverkehr, Tierhaltung und Heizungen von privaten Haushalten die Luft verschmutzt.

Welchen Einfluss haben Abgase auf Gesunde, Herzkranke oder Menschen mit COPD?

Forscher aus Großbritannien haben nun mit ihrer in der renommierten Fachzeitschrift The Lancet erschienenen Studie unterstrichen, welche Auswirkungen diese Stoffe in der Luft auf die Gesundheit, gerade von Älteren, haben. Schon länger wird diskutiert, dass es um die Gesundheit von Menschen, die an dicht befahrenen Straßen wohnen, schlechter steht als bei anderen. Die Forscher ließen 119 Männer und Frauen ab 60 Jahren einen zweistündigen Spaziergang in London machen. Ein Drittel der Teilnehmer war gesund, ein Drittel war herzkrank und das letzte Drittel litt an einer stabilen COPD. Alle Teilnehmer waren seit mindestens einem Jahr Nichtraucher. Der Spaziergang führte die Teilnehmer entweder entlang der viel befahrenen Oxford Street oder durch den weitläufigen, verkehrsfreien Hyde Park.

Messung von Luftschadstoffen und Gesundheitszustand vor und nach Spaziergang

Während des Spaziergangs maßen die Forscher die Konzentration an Rußpartikeln, Stickstoffoxiden und Feinstaubs in der Luft, speziell auch die Konzentration von Diesel-Feinstaub. Bei den Teilnehmern wurde vor und drei Stunden nach dem Spaziergang gemessen, wie viel Luft sie unter größter Anstrengung innerhalb einer Sekunde ausatmen können (forcierte Einsekundenkapazität, FEV1). Außerdem maßen die Forscher die Pulswellengeschwindigkeit, um den Zustand der Blutgefäße der Teilnehmer eine Stunde nach dem Spaziergang und am nächsten Tag zu beurteilen. Die Pulswellengeschwindigkeit gibt an, mit welcher Geschwindigkeit sich die Blut-Druckwelle, die der Herzschlag erzeugt, durch die Arterien bewegt. Sind die Gefäße versteift, leitet das Gewebe die Pulswellen schneller weiter. Die Arterien werden mit dem Alter etwas steifer, eine erhöhte Steifigkeit kann aber zur Verkalkung der Arterien mit Folgeerkrankungen wie Herzinfarkt oder Schlaganfall führen.

Feinstaub beeinflusst besonders Herz- Kreislauf-Gesundheit, COPD-Patienten litten besonders unter der Luftverschmutzung insgesamt

Nach dem Spaziergang im Hyde Park nahm bei den gesunden Teilnehmern die FEV1 um 7,5 % zu und ihre Pulswellengeschwindigkeit sank im Schnitt um 5 %. Entlang der viel befahrenen Straße hingegen verbesserte sich die Lungenfunktion kaum und die Pulswellengeschwindigkeit nahm um 7 % zu. Die Messwerte zur Lungenfunktion zeigten dabei einen deutlichen Zusammenhang zu allen Werten aus der Luft, die die Forscher gemessen hatten. Die Pulswellengeschwindigkeit schien hingegen nur von der Konzentration an Ruß und Feinstaub in der Luft beeinflusst zu werden. Als besonders deutlich beschrieben die Autoren der Studie die Auswirkungen von Feinstaub an der viel befahrenen Straße auf COPD-Patienten. Sie hatten deutlich öfter an dieser Strecke eine Zunahme der Kurzatmigkeit, gesteigerte Sputumproduktion, Husten und Niesen. Auch die Gefäßsteifigkeit nahm zu. Nach dem Spaziergang im Park ging es ihnen hingegen deutlich besser.

Längere Spaziergänge lieber im Grünen als entlang der Straße

Die Erkenntnis, dass ein Spaziergang im Grünen gesünder ist, als entlang einer stark befahrenen Straße, dürfte niemanden überraschen. Aber dass die Luftverschmutzung in der Innenstadt die gesundheitsfördernden Eigenschaften eines Spaziergangs auf Herz und Lunge selbst bei Gesunden torpediert, zeigt, wie wichtig es ist, dass die Luftverschmutzung an viel befahrenen Straßen kontrolliert und auf verträgliche Maße reduziert wird. Die Autoren der Studie gehen davon aus, dass besonders der Feinstaub, den Dieselfahrzeuge ausstoßen, für den schädlichen Einfluss auf die Arterien verantwortlich ist. Sie empfehlen älteren Menschen Spaziergänge eher im Grünen zu machen. Das hat noch weitere Vorteile, denn es senkt bekanntlich Stress, wirkt sich positiv auf das Gemüt aus und stärkt messbar das Immunsystem. Und wer in der Stadt keinen Park, Wald oder Grünanlage in der Nähe hat, kann vielleicht die ruhigeren Seitenstraßen erkunden, um dem Verkehrsmief zumindest etwas zu entgehen – denn regelmäßige Bewegung ist gerade für COPD-Patienten wichtig.


Referenz:

Sinharay R, Gong J, Barratt B, Ohman-Strickland P, Ernst S, Kelly F, Zhang JJ, Collins P, Cullinan P, Chung KF. Respiratory and cardiovascular responses to walking down a traffic-polluted road compared with walking in a traffic-free area in participants aged 60 years and older with chronic lung or heart disease and age-matched healthy controls: a randomised, crossover study. Lancet. 2017 Dec 5. pii: S0140-6736(17)32643-0. doi: 10.1016/S0140-6736(17)32643-0. [Epub ahead of print]