Venöse Thromboembolien bei gynäkologischen Erkrankungen
Erhöhen das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) oder Endometriose das Risiko für venöse Thromboembolien (VTE)? In einer Beobachtungsstudie schien dies nicht eindeutig – PCOS-Patientinnen mit VTE waren jedoch signifikant jünger und häufiger mit hormonellen Kontrazeptiva behandelt.
Hormonabhängige gynäkologische Erkrankungen wie das Polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) oder Endometriose wurden in letzter Zeit auch als mögliche Risikofaktoren für venöse Thromboembolien (VTE) diskutiert. Die Erkrankungen werden häufig mit kombinierten hormonellen Kontrazeptiva behandelt. Diese stellen jedoch selbst einen bekannten Risikofaktor für VTE dar. Die Prävalenz hormonabhängiger gynäkologischer Erkrankungen zum Zeitpunkt eines VTE-Ereignisses und begleitende Therapien mit hormonellen Kontrazeptiva sind jedoch bislang nicht gut untersucht.
Venöse Thromboembolien: Zusammenhang mit gynäkologischen Erkrankungen und Hormontherapie?
Wissenschaftler ermittelten nun in Paris (Frankreich) retrospektiv die Häufigkeit hormonabhängiger gynäkologischer Erkrankungen bei Patientinnen mit VTE-Ereignissen und analysierten mögliche zeitgleich eingesetzte hormonelle Therapien.
Die Studie schloss Frauen zwischen 18 und 50 Jahren ein, die zwischen 1. Januar 2016 und 31. Dezember 2020 im Saint-Joseph Hospital in Paris wegen eines VTE-Ereignisses behandelt wurden.
Retrospektive Beobachtungsstudie in Paris mit 125 VTE-Patientinnen
Insgesamt konnten Daten von 125 Frauen analysiert werden. Zum Zeitpunkt der venösen Thromboembolie betrug das durchschnittliche Alter der Patientinnen 39 Jahre (+/- 8). Die Patientinnen hatten einen durchschnittlichen BMI (body mass index) von 26 kg/m2 (+/- 8). Mehr als zwei Drittel (68 %) der VTE-Ereignisse waren pulmonare Embolien. 19 Patientinnen (15 %) berichteten von VTE-Ereignissen in der Familie.
Unter den Patientinnen waren 14 Frauen (11 %) mit PCOS diagnostiziert, davon setzten 6 (43 %) kombinierte hormonelle Kontrazeptiva ein. An Endometriose litten 11 Frauen (9 %), eine der Frauen (9 %) wurde mit kombinierten hormonellen Kontrazeptiva behandelt. Frauen mit PCOS waren im Schnitt jünger zum Zeitpunkt des VTE im Vergleich zu anderen VTE-Patientinnen (p < 0,001):
- Durchschnittliches Alter zum Zeitpunkt des VTE, mit PCOS: 32 Jahre (+/- 6,0)
- Ohne PCOS: 40 Jahre (+/- 8,0)
Frauen mit VTE-Ereignis und Endometriose waren hingegen im Schnitt 43 Jahre alt (+/- 7,8), ohne signifikanten Unterschied zu Patientinnen ohne Endometriose. Bei den PCOS-Patientinnen wurde ein VTE-Ereignis (7 %) als idiopathisch (ohne bekannte Ursache) klassifiziert. In der Gruppe der Endometriose-Patientinnen kam es hingegen in 5 Fällen (46 %) zu idiopathischen VTE-Ereignissen. Zwischen Beginn der Kontrazeptiva-Behandlung und dem VTE-Ereignis lagen im Mittel 3 Jahre (+/- 1). 73 Frauen (58 %) gaben an, sich der hormonellen Kontraindikationen in Bezug auf VTE-Ereignisse bewusst zu sein.
VTE-Patientinnen mit PCOS im Schnitt jünger
Die Autoren zitieren eine aktuelle Schätzung der PCOS-Prävalenz in Frankreich von zwischen 5 und 15 %. Endometriose ist ebenfalls eine häufige gynäkologische Erkrankung mit einer geschätzten Prävalenz von etwa 10 % der Frauen im gebährfähigen Alter. Die Prävalenz der PCOS- und Endometriose-Patientinnen in der Gesamtgruppe der Frauen mit einem VTE-Ereignis war somit mit den allgemeinen Prävalenzen der beiden Erkrankungen in der französischen Bevölkerung vergleichbar, fassen die Autoren die Ergebnisse zusammen. Jedoch traten VTE-Ereignisse bei PCOS-Patientinnen in signifikant jüngerem Alter ein als bei anderen Frauen. Fast die Hälfte der PCOS-Patientinnen war darüber hinaus mit kombinierten hormonellen Kontrazeptiva behandelt. Bei PCOS sollte demnach besonders auf mögliche familiäre Risiken oder weitere Risikofaktoren geachtet werden, bevor hormonelle Kontrazeptiva in der Therapie zum Einsatz gebracht werden.
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