Aktive Überwachung bei Prostatakrebs – Auch bei mittlerem Risiko?
Aktive Überwachung wird vermehrt auch bei Prostatakrebs mit mittlerem Risiko eingesetzt. In einer Metaanalyse wurde nun die Sicherheit dieses Verfahrens untersucht und mit den Ergebnissen der aktiven Überwachung bei Niedrig-Risiko-Prostatakrebs verglichen. Die Analyse zeigte bei beiden Risikostufen eine ähnlich lange Zeit, bis eine Therapie eingesetzt wurde. Jedoch trat bei Patienten mit mittlerem Risiko ein deutlich höheres Risiko für Metastasen und Tod auf. Bessere Ergebnisse wurden bei Patienten mit geringem Tumorvolumen bzw. Gleason-Score erreicht.
Aktive Überwachung („Active Surveillance“) wird häufig bei Niedrig-Risiko-Prostatakrebs anstelle einer Operation oder Bestrahlung eingesetzt. Bei diesem Vorgehen findet zunächst keine Therapie statt, sondern der Patient wird häufigen Untersuchungen zur Überwachung der Entwicklung der Krankheit unterzogen. Dies ermöglicht, ein Fortschreiten der Krankheit sofort zu bemerken und mit einer Therapie zu beginnen. Die Langzeit-Sicherheit des Verfahrens bei Niedrig-Risiko-Prostatakrebs wurde in zahlreichen Studien nachgewiesen. Der Vorteil dieser Herangehensweise besteht darin, dem Patienten die Nebenwirkungen der Therapie, wie die Beeinträchtigung der Potenz oder Probleme beim Wasserlassen, zunächst zu ersparen.
Aktive Überwachung auch bei Prostatakrebs mit mittlerem Risiko?
Das Verfahren der aktiven Überwachung wird auch zunehmend bei Patienten eingesetzt, die nicht mehr in die strikten Kriterien für Niedrig-Risiko-Prostatakrebs fallen. Dies liegt daran, dass viele Karzinome, die nicht in die Definition fallen, dennoch ein sehr geringes absolutes Risiko bergen, fortzuschreiten oder Metastasen zu bilden. Eines der Kriterien für Niedrig-Risiko-Prostatakrebs ist der Gleason-Score. Dieser beschreibt Form und Beschaffenheit der Drüsen im Prostatagewebe in fünf Stufen. Je höher der Wert, desto wahrscheinlicher ist es, dass die Tumore schnell wachsen und aggressiv sind.
In einer Metaanalyse wurde nun der Einsatz von aktiver Überwachung bei Prostatakrebs mit mittlerem Risiko untersucht. Für die Studie wurden 25 Studien aus den medizinisch-wissenschaftlichen Datenbanken PubMed/Medline, Embase und Web of Science inkludiert. Zum Vergleich der Endpunkte wurde das 95 % Konfidenz-Intervall des Risikoverhältnis (RR) gebildet.
Höheres Risiko für Metastasen und Tod
Die analysierten Studien zeigten unterschiedliche Ergebnisse:
- 10 Jahre behandlungsfreies Überleben: 19,4 bis 69 %
- Metastasenfreies Überleben: 80,8 – 99 %
- Krankheitsspezifisches Überleben: 88,2 – 99 %
- Gesamtüberleben: 59,4 – 83,9 %
Für die Analyse wurden die Ergebnisse der aktiven Überwachung bei Prostatakrebs mit mittlerem Risiko mit denen von Niedrig-Risiko-Prostatakrebs verglichen:
- Überleben bis Therapieeinsatz: (RR: 1,16; 95 % KI: 0,99 – 1,36; p = 0,07)
- Risiko für Metastasen: (RR: 5,79; 95 % KI: 4,61 – 7,29; p < 0,001)
- Krankheitsspezifischer Tod: (RR: 3,93; 95 % KI: 2,93 – 5,27; p < 0,001)
- Tod unabhängig von Ursache: (RR: 1,44; 95 % KI: 1,11 – 1,86; p = 0,005)
Das Risiko für Metastasen und Tod war demnach bei mittlerem Risiko und aktiver Überwachung höher als bei niedrigem Risiko. Eine Untergruppenanalyse von Patienten mit mittlerem Risiko und einem Gleason-Score von 2 oder kleiner zeigte hingegen bessere Ergebnisse:
- Überleben bis Therapieeinsatz: (RR: 1,03; 95 % KI: 0,62 – 1,71; p = 0,91)
- Metastasenfreies Überleben: (RR: 2,09; 95 % KI: 0,75 – 5,82; p = 0,16)
Die Autoren schlussfolgerten, dass die Patientenauswahl für die Verwendung von aktiver Überwachung optimiert werden müsse. Die aktive Überwachung ist demnach bei Patienten mit einem mittleren Risiko besonders dann möglich, wenn ein niedriger Gleason-Score vorliegt.
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