Bei hohem Risiko für schwere Verläufe reicht der Schnelltest nicht
Schnelltests für den Nachweis einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-Cov-2 (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus-2) erkennen Fragmente des Virus in Nasen- oder Rachenabstrichen. Aber welche Bedeutung hat ein positives oder negatives Schnelltest-Ergebnis, und wer sollte einen PCR-Test durchführen? Um diese Frage zu beantworten, verglichen Wissenschaftler über 4 000 Schnelltest- und PCR-Testergebnisse. Die Autoren raten bei hohem Risiko und Verdacht auf Coronavirus-Infektion, frühzeitig einen PCR-Test durchzuführen, um eine Behandlung nicht aufgrund fehlerhafter negativer Schnelltests zu verzögern.
Schnelltests für den Nachweis einer Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-Cov-2 (Severe Acute Respiratory Syndrome Coronavirus-2) erkennen Fragmente des Virus in Nasen- oder Rachenabstrichen. Die Empfindlichkeit solcher Tests wurde bereits wiederholt geprüft, in Studien mit kleinen bis großen Teilnehmerzahlen, teils auch mit länderweit durchgeführten Tests. Diese Untersuchungen zeigten, dass die Genauigkeit der Schnelltests davon abhängt, wie häufig Coronavirusinfektionen zu dem Zeitpunkt in der untersuchten Gruppe auftreten. Besser bekannt als diese sogenannte Prävalenz der Infektion (Anteil der Infizierten pro 100 getesteter Personen) ist in unserem Alltag aktuell die Inzidenz, die als Zahl bestätigter Infektionen pro 100 000 Einwohnern angegeben wird.
Welche Bedeutung hat das Schnelltest-Ergebnis?
Aber welche Bedeutung hat ein positives oder negatives Schnelltest-Ergebnis, und wer sollte einen PCR-Test durchführen? Um diese Frage zu beantworten, analysierten Wissenschaftler nun in einer rückblickenden Studie die Ergebnisse von Schnelltests (SARS-CoV-2 Panbio™ RADT assay) im Vergleich zu parallel durchgeführten PCR-Tests.
Von 4 440 Testpaaren zeigte die PCR-Methode 609 positive Testergebnisse auf. Dies entspricht einer Prävalenz von 13,7 %. In den Schnelltests fanden sich lediglich 251 positive Testergebnisse, entsprechend einer Prävalenz von 5,7 %. Die Sensitivität der Schnelltests (Zahl der korrekt als positiv erkannten Proben) betrug insgesamt 41,2 % (95 % Konfidenzintervall, KI: 37,4 – 45,2 %). Die Spezifität der Schnelltests (Zahl der korrekt als negativ erkannten Proben) hingegen betrug 99,7 % (95 % KI: 99,4 – 99,8 %). Die Schnelltests zeigten somit nur selten bei nicht-Infizierten ein fälschlich positives Testergebnis an, erkannten jedoch recht häufig tatsächlich infizierte Personen nicht.
Der positive Vorhersagewert der Schnelltests betrug 95,1 % (95 % KI: 91,8 – 97,1 %). 95 % der positiven Schnelltest-Ergebnisse wurden also durch den PCR-Test bestätigt. Der negative Vorhersagewert lag bei 91,4 % (95 % KI: 90,5 – 92,2 %). Dies bedeutet, dass 91 % der negativen Schnelltests durch den PCR-Test bestätigt wurden.
91 % der negativen Schnelltests durch PCR-Test bestätigt
Die Wissenschaftler analysierten, welche Rolle die Viruslast (PCR cycle threshold, Ct) und eventuell vorliegende Symptome bei der Empfindlichkeit der Schnelltests (Sensitivität) spielten. Schnelltests erkannten infizierte Personen besser, wenn die Personen eine höhere Viruslast (niedriger PCR Ct) aufwiesen oder Symptome hatten:
- Ct-Werte ≤ 20: Sensitivität 91,2 % – 91 von 100 Personen korrekt als infiziert erkannt
- Ct-Werte 20 – 25: Sensitivität 68,6 %
- Ct-Werte 25 – 30: Sensitivität 47,9 %
- Ct-Werte 30 – 35: Sensitivität 12,6 % – 12 von 100 Personen korrekt als infiziert erkannt
Bei Ct-Werten über 30 erkannten die Schnelltests somit nur jede 8. infizierte Person. Die Autoren schätzten schließlich die reale, klinische Diagnoseleistung der hier betrachteten Coronavirus-Schnelltests. Dazu analysierten sie die Nachbeobachtung positiv-getesteter Personen im Vergleich zur gesamten Testgruppe und die Zahl der dabei tödlich verlaufenen Erkrankungen.
Vorhersagewert der Schnelltests abhängig von Viruslast
Basierend auf den Ergebnissen schließen die Wissenschaftler, dass die hier untersuchten Schnelltests besonders unter folgenden Bedingungen als erste Tests ohne parallele PCR-Tests zum Einsatz kommen sollten:
- Bei hoher Infektions-Prävalenzrate in der Bevölkerung
- Bei Personen mit typischen Symptomen der Coronavirus-Infektion
- Bei Personen mit niedrigem oder durchschnittlichem Risiko für schwere Verläufe
Liegt jedoch bei einer Person mit hohem Risiko für einen schweren Verlauf der Verdacht einer Coronavirus-Infektion vor (z. B. typische Symptome), raten die Autoren dazu, bereits parallel zum Schnelltest einen PCR-Test durchzuführen. Dies ermöglicht eine frühzeitige Diagnose der Coronavirus-Infektion und rasche Einleitung einer Behandlung, mit der schwere Verläufe effektiv verhindern lassen.
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Autor: Hamar Á, Filipánits K, Váradi A, Váradi-Rácz R, Gellén HO, Futács K, Urbán P, Kovacs GL, Gombos K. Diagnostic accuracy of SARS-CoV-2 Panbio™ rapid antigen diagnostic tests in a 4,440-case clinical follow-up. Front Med (Lausanne). 2022 Aug 2;9:908127. doi: 10.3389/fmed.2022.908127. PMID: 35983094; PMCID: PMC9380887.
Foto: Pexels/ Greenvalley Pictures