Moderate Bewegung im Alltag senkt Demenzrisiko
Wissenschaftler untersuchten in einer systematischen Recherche mit Metaanalyse den Effekt der Studiendauer auf den Zusammenhang zwischen Bewegung und Demenz-Inzidenz. Demnach reduziert auch in Studien mit längerer Nachbeobachtungsdauer körperliche Aktivität die Häufigkeit von Demenzerkrankungen und speziell der Alzheimer-Erkrankung. Moderate Bewegung in mittleren Jahren sollte somit als präventive Maßnahme stärker unterstützt werden.
Körperliche Aktivität ist mit einer geringeren Inzidenz von Demenzerkrankungen assoziiert. Allerdings stammt die zugrundeliegende Evidenz meist aus Studien mit kurzen Nachbeobachtungszeiten. Der Effekt könnte daher womöglich auch einer reversen Kausation zuzuschreiben sein: Personen mit einer beginnenden Demenz bewegen sich möglicherweise weniger als Personen ohne Demenz. Wissenschaftler untersuchten nun in einer systematischen Recherche mit Metaanalyse den Effekt der Studiendauer auf den Zusammenhang zwischen Bewegung und Häufigkeit einer Demenzerkrankung.
Ist Sport gut gegen Demenz, oder bewegen sich Personen mit beginnender Demenz weniger?
Im systematischen Review ermittelten die Autoren relevante Studien aus den medizin-wissenschaftlichen Datenbanken CINAHL, PsycInfo, Scopus, PubMed, Web of Science und SPORTDiscus mit Veröffentlichungsdaten bis Ende Oktober 2021. In der Metaanalyse fassten sie die Studienergebnisse mittels Effektgrößen und einer Dosis-Response-Analyse zusammen. Berücksichtigt wurden Studien mit Erwachsenen, die mindestens über ein Jahr mittels anerkannter Einschätzungen von Demenzsymptomen nachbeobachtet wurden. Auch Kohortenstudien mit Erwachsenen mittleren Alters und Abschätzung von späteren Demenzerkrankungen, relativ zur körperlichen Aktivität in jüngeren Jahren, wurden betrachtet.
Metaanalyse über 58 Studien und hunderttausende Teilnehmer
Insgesamt konnten 58 Studien analysiert werden, mit zusammen 257 983 Personen zur Betrachtung von allen Demenzerkrankungen, 128 261 Personen zur Betrachtung der Alzheimerdemenz und 33 870 Personen zur Analyse vaskulärer Demenz.
Körperliche Aktivität war mit einem reduzierten Risiko von Demenzerkrankungen jeglicher Ursache assoziiert. Ebenso senkte Bewegung das Risiko der Alzheimer-Erkrankung und einer vaskulären Demenz.
- Demenz aller Ursachen: zusammengefasstes relatives Risiko, RR: 0,80; 95 % Konfidenzintervall, KI: 0,77 – 0,84; n = 257 983
- Alzheimer Erkrankung: RR: 0,86; 95 % KI: 0,80 – 0,93; n = 128 261
- Vaskuläre Demenz: RR: 0,79; 95 % KI: 0,66 – 0,95; n = 33 870
Dies wurde in Studien mit längerer Nachbeobachtungszeit (≥ 20 Jahre) für Demenz aus jeglichem Grund sowie für die Alzheimer-Erkrankung bestätigt. Weder Faktoren wir Alter, Dauer der Nachbeobachtung oder Studienqualität hatten einen wesentlichen Einfluss auf diese Ergebnisse.
Die Dosis-Response-Analyse zeigte Zusammenhänge zwischen der Bewegungsmenge und Demenz aus allen Gründen sowie der Alzheimer-Erkrankung. Demnach könnte bereits moderate körperliche Aktivität (z. B. 1 500 – 2 000 MET-Minuten pro Woche) auch in mittleren Jahren das Risiko für Demenzerkrankungen senken.
Mit moderater Bewegung im Alltag geringeres Demenzrisiko
MET steht für Metabolisches Äquivalent – der Begriff wird verwendet, um den Energieverbrauch verschiedener Aktivitäten zu vergleichen. 1 MET entspricht einem Energieverbrauch von 1 kcal je kg Körpergewicht je Stunde. Mit einer Minute Fahrradfahren kommt man auf etwa 5 MET, mit einer Minute Treppensteigen auf 6 MET, Spazierengehen entspricht ca. 3 MET pro Minute, aktive Gartenarbeit (z. B. Laub rechen) ca. 4 MET pro Minute. Mit beispielsweise 10 Minuten täglichem Treppensteigen, alltäglichen Fußwegen von 30 Minuten, einer Stunde Gartenarbeit und einem Spaziergang von einer Stunde pro Woche lässt sich dieses Minimal-Ziel typischerweise auch ohne größere Sportprogramme im Alltag umsetzen.
Die systematische Recherche und zusammenfassende Analyse zeigte somit, dass auch bei Studien mit längerer Nachbeobachtungsdauer körperliche Aktivität die Häufigkeit mancher Demenzerkrankungen reduzierte. Moderate Bewegung in mittleren Jahren sollte somit als präventive Maßnahme stärker unterstützt werden.
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Autor: Iso-Markku P, Kujala UM, Knittle K, Polet J, Vuoksimaa E, Waller K. Physical activity as a protective factor for dementia and Alzheimer’s disease: systematic review, meta-analysis and quality assessment of cohort and case-control studies. Br J Sports Med. 2022 Jun;56(12):701-709. doi: 10.1136/bjsports-2021-104981. Epub 2022 Mar 17. PMID: 35301183; PMCID: PMC9163715.
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