Leipzig/Bonn – Die meisten Menschen erholen sich von selbst von den Riech- und Schmeckstörungen, zu denen es häufig bei COVID-19 kommt. Wenn diese aber nach der Erkrankung andauern, rät die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie (DGHNO-KHC) in neuen Empfehlungen zu einem Riechtraining.

Störungen der Geruchs- und Geschmackswahrnehmung gehören zu den häufigsten Symptomen von COVID-19. Nach Infektionen mit der Alpha- und Delta-Variante von SARS-CoV-2 erkrankten etwa fünf von zehn Patienten daran, die Omikron-Variante verursachte bei etwa 4 Prozent der Erkrankten Riechstörungen. „Dieser Rückgang konnte auch in Studien bestätigt werden, in denen die Diagnose durch objektive Tests bestätigt wurde“, berichtet Prof. Dr. med. Thomas Hummel, der an der Universitäts-HNO-Klinik in Dresden ein interdisziplinäres Zentrum für Riechen und Schmecken leitet und Mitglied der DGHNO-KHC-Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie/Gustologie ist, die die Empfehlungen erarbeitet hat. Bei den Tests müssen die Patienten verschiedene Düfte durch Schnuppern an Filzstiften („Sniffin’ sticks“) benennen. Beim sogenannten SDI-Test werden neben der Geruchsidentifizierung (I) auch die Riechschwelle (S) und die Geruchsdiskrimination (D), also das Unterscheiden verschiedener Düfte, geprüft. Da viele Geschmacksnuancen eigentlich mit dem Riechorgan identifiziert werden, empfinden die Patienten bei einer reinen Riechstörung auch eine Geschmacksbeeinträchtigung.

Riechstörungen können verschiedene Formen annehmen. Besonders unangenehm sind für viele Patienten die sogenannten Parosmien. Dabei verändern sich vertraute Düfte auf oft unangenehme Weise: Kaffee riecht plötzlich verbrannt, Nahrungsmittel scheinen verdorben zu sein, obwohl sie frisch gekauft wurden. Parosmien sind dagegen ein gutes Zeichen. „Sie weisen auf Reparaturvorgänge in der Riechschleimhaut hin und sind ein frühes Zeichen für eine Erholung“, sagt der Experte: „Bis die Patienten wieder normal riechen und schmecken, kann es allerdings 6 bis 18 Monate oder länger dauern.“

Riechstörungen fallen in den Zuständigkeitsbereich von HNO-Ärzten. Diese sollten zunächst eine genaue Untersuchung der Atemwege vornehmen, rät die Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie und Gustologie der DGHNO-KHC in ihren neuen Empfehlungen. Zu Riechstörungen kann es auch kommen, wenn gutartige Polypen oder selten bösartige Tumore die Atemwege in den Nasengängen versperren und die Düfte nicht mehr die Riechschleimhaut erreichen. Der HNO-Arzt überprüfe deshalb die Durchgängigkeit der Atemwege in der Nase mit einem Endoskop.

Wenn keine anderen Ursachen gefunden werden, können HNO-Ärzte ihren Patienten ein Riechtraining verschreiben. „Die Patienten erhalten in der Regel vier verschiedene Duftstoffe. Häufig sind dies Zitrone, Rose, Nelke und Eukalyptus“, erläutert Prof. Hummel: „Daran müssen sie dann zweimal täglich für etwa 30 Sekunden schnuppern.“ Das Training muss nach Erfahrung des Experten regelmäßig und konsequent über 3 bis 12 Monate durchgeführt werden, wobei es hilfreich ist, alle 3 bis 4 Monate die Duftqualitäten zu wechseln.

Eine schnelle Lösung mit Medikamenten gibt es allerdings bisher nach Einschätzung der HNO-Experten nicht. Die Wirksamkeit von Nahrungsergänzungsmitteln wie Omega-3-Fettsäuren oder einer Kombination aus Palmitoylethanolamid und Luteolin, die manchmal empfohlen würden, muss weiter geprüft werden. Das gilt auch für das Auftupfen von plättchenreichem Plasma oder Vitamin A auf die Riechrinne in der Nase. In Zusammenhang mit Riechstörungen nach COVID-19 raten die Experten von Kortison ab. Eine Anwendung etwa mit Nasensprays hätte in Studien keine Wirkung erzielt.

Literatur:
Hintschich, Constantin A.; Wege-Lüssen, Antje; Göktas, Önder; Stuck, Boris A.; Müller, Christian A.; Hummel, Thomas (2023): Persistierende Riechminderung nach COVID-19 – Empfehlungen der Arbeitsgemeinschaft Olfaktologie und Gustologie der Deutschen Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. In: HNO. DOI: https://doi.org/10.1007/s00106-023-01368-w.

Über die DGHNO-KHC:

Die Deutsche Gesellschaft der Hals-Nasen-Ohrenärzte ging 1921 aus dem Verein Deutscher Laryngologen und der Deutschen Otologischen Gesellschaft hervor. Im Jahre 1968 wurde der heute gültige Name, Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V., angenommen. Die Gesellschaft hat derzeit über 5.000 Mitglieder.

Die Deutsche Gesellschaft für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Hals-Chirurgie e. V. bezweckt die Förderung der wissenschaftlichen und praktischen Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie und die Förderung des Allgemeinwissens um ihre geschichtliche Entwicklung.

Weitere Aufgaben sind die Wahrung der Einheit des Fachgebietes der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde und die Vertiefung der Verbindung mit den medizinischen Nachbarfächern sowie mit ausländischen Fachgesellschaften, die Weiter- und Fortbildung auf dem Fachgebiet sowie die Unterstützung und Beratung anderer wissenschaftlicher Gesellschaften, von Gesundheitsbehörden und anderen Einrichtungen bei Belangen der Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde, Kopf- und Halschirurgie.

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