Gebrechlichkeit und Depression: Zwei Behandlungsziele für unabhängiges Leben im Alter
Welche Rolle spielt Depression beim unabhängigen Leben im hohen Alter? Ob psychische Symptome einen Beitrag zur Gebrechlichkeit liefern könnten oder eventuell unabhängig von körperlichen Faktoren zu einem Verlust der Unabhängigkeit in höherem Alter führen können, untersuchten Forscher in einer Kohortenstudie mit Menschen ab 75 Jahren. Die Daten zeigen auf, dass zum klinischen Management der Gebrechlichkeit nicht nur der Blick auf die körperliche Fitness geworfen werden sollte, sondern auch die psychische Gesundheit berücksichtigt und gefördert werden muss.
Unabhängigkeit ist ein hohes Gut, das auch im fortgeschrittenen Alter eine wichtige Rolle spielt. Typischerweise denkt man eher an körperliche Probleme, die das eigenständige Leben in Frage stellen können. Forscher ermittelten nun jedoch, ob auch Depression einen Beitrag zur Gebrechlichkeit liefern könnte oder eventuell unabhängig von körperlichen Faktoren zu einem Verlust der Unabhängigkeit in höherem Alter führen kann.
Longitudinale Kohortenstudie zu Depression, Gebrechlichkeit und eigenständigem Leben
Dies untersuchten sie in einer longitudinalen Kohortenstudie, in der sie die Eigenständigkeit der Studienteilnehmer mit dem Fragebogen zu instrumentellen Alltagsaktivitäten (instrumental activities of daily living, ADL) ermittelten. Menschen ab 75 Jahren nahmen an der Studie teil. Mit Hilfe der geriatrischen Depressionsskala (GDS) wurde eingeschätzt, ob und wie ausgeprägt depressive Symptome vorlagen (mind. 5 auf der GDS). Die körperliche Fitness bzw. Gebrechlichkeit wurde mittels eines Gebrechlichkeitsindex bestimmt. Die instrumentellen Aktivitäten des täglichen Lebens (engl. instrumental activities of daily living, IADL) wurden mit einer Skala über verschiedene Themengebiete erfragt und ergaben einen Punktebereich von 0–66. Höhere Werte implizierten dabei eine größere Unabhängigkeit. Diese verschiedenen Maße wurden unter Berücksichtigung von Faktoren wie Alter, Geschlecht, Ausbildungsgrad, Lebenssituation und Begleiterkrankungen analysiert.
553 Teilnehmer ab 75 Jahre
553 Teilnehmer, davon 53 % Frauen, im durchschnittlichen Alter von 81 Jahren (+- 5,0 Jahre, Standardabweichung) nahmen an der Untersuchung teil. Depression und Gebrechlichkeit in moderatem und schweren Ausmaß waren beide unabhängig mit reduzierten Punktergebnissen im IADL assoziiert – je stärker depressiv und gebrechlich Menschen waren, desto weniger waren sie demnach in der Lage, typische instrumentelle Alltagsaktivitäten durchzuführen.
- Depression: Regressionskoeffizient R –6,4 (95 % Konfidenzintervall KI: -8,3 bis –4,5, p < 0,05)
- Milde Gebrechlichkeit: R -1,5 (95 % KI: -3,8 – 0,9, p = 0,22)
- Moderate Gebrechlichkeit: R -6,1 (95 % KI: -8,6 – -3,6, p < 0,05)
- Schwere Gebrechlichkeit: R -10,1 (95 % KI: -13,5 – -6,8, p < 0,05)
Darüber hinaus interagierte Depression mit Gebrechlichkeit und reduzierte so die Fähigkeiten zu instrumentellen Alltagsaktivitäten weiter. Dies machte sich besonders bei Menschen mit mild oder moderater Gebrechlichkeit bemerkbar. Die gefundenen Zusammenhänge blieben auch nach Berücksichtigung von Aspekten wie Alter oder Begleiterkrankungen signifikant.
Gebrechlichkeit und Depression assoziiert mit eingeschränkter Unabhängigkeit
Die Kohortenstudie mit älteren Menschen ab 75 Jahren zeigte, dass Gebrechlichkeit und Depression wichtige Faktoren sind, die ein unabhängiges Leben mit der Zeit messbar erschweren. Depression interagierte zudem mit der Gebrechlichkeit und steigerte im Zusammenspiel die Eigenständigkeit der nur mild bis moderat gebrechlichen Menschen weiter. Die Daten zeigen auf, dass zum klinischen Management der Gebrechlichkeit nicht nur der Blick auf die körperliche Fitness geworfen werden sollte, sondern auch die psychische Gesundheit berücksichtigt und gefördert werden muss.
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Referenz: Coventry, Peter A., Dean McMillan, Andrew Clegg, Lesley Brown, Christina van der Feltz-Cornelis, Simon Gilbody, and Shehzad Ali. “Frailty and Depression Predict Instrumental Activities of Daily Living in Older Adults: A Population-Based Longitudinal Study Using the CARE75+ Cohort.” Edited by Pasquale Abete. PLOS ONE 15, no. 12 (December 15, 2020): e0243972. https://doi.org/10.1371/journal.pone.0243972.
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