Viele Frauen, die an Gebärmutterhalskrebs erkranken, haben einen Kinderwunsch. Die Standardtherapie mit einer möglichen uterinen Infertilität nach vollständiger Entfernung der Gebärmutter oder Radiochemotherapie kann allerdings dazu führen, dass die Frauen nicht mehr schwanger werden können. Frauen im gebärfähigen Alter sollten daher vor der Krebstherapie über die Möglichkeit des Fertilitätserhalts aufgeklärt werden. Je nach Tumorstadium können chirurgische Verfahren angewendet werden, nach denen eine Frau schwanger werden und das Kind austragen kann. Auch gibt es Möglichkeiten, um die Fertilität nach einer Strahlen(chemo)therapie zu erhalten.

Jährlich erkranken in Deutschland etwa 4.500 Frauen an Gebärmutterhalskrebs (Zervixkarzinom). Bei Patientinnen mit Kinderwunsch spielt die Erhaltung der Fertilität aufgrund zunehmender Überlebensraten in den Frühstadien und der Verschiebung der Familienplanung in eine spätere Lebensphase eine wichtige Rolle im Rahmen des Therapiekonzepts. Die Umsetzung des Kinderwunsches ist eine interdisziplinäre Herausforderung. „Es gibt häufig individuelle Lösungen. Dem Nutzen, der Chance auf eine Schwangerschaft, können allerdings verschiedene Risiken gegenüberstehen, über die jede Patientin aufgeklärt werden und die sie für sich individuell abwägen muss“, erklärt Dr. Maike Trommer, Köln, PR-Sprecherin der jungen DEGRO (jDEGRO).

Fertilitätserhaltende chirurgische Verfahren

Bei Patientinnen im Frühstadium (<2 cm) kann fertilitätserhaltend operiert werden (radikale Trachelektomie/RVT). Die onkologische Sicherheit des fertilitätserhaltenden Verfahrens im Vergleich zur radikalen Hysterektomie (vollständige Entfernung der Gebärmutter) ist durch mehrere retrospektive Studien belegt, auch wenn generell die radikale Hysterektomie mit den besten Überlebenschancen verbunden ist und bei Frauen ohne Kinderwunsch das Verfahren der Wahl darstellt. Eine RVT ist bei 48 % aller Patientinnen mit Frühkarzinom möglich. Die Schwangerschaftsraten nach radikaler Trachelektomie beim Zervixkarzinom variieren zwischen 24 % und 66 %, in 50 % der Fälle kann es dann allerdings zu Frühgeburten kommen (v.a. durch vorz. Blasensprung) und die Schwangerschaft stellt per se eine Risiko-Schwangerschaft dar (Kinder werden per Kaiserschnitt entbunden). In sehr frühen Stadien ist auch eine Zervixkürettage und RVT (oder Konisation (Entfernung eines Gewebestücks aus dem Muttermund)) möglich, die Schwangerschaftsraten liegen dann bei 71 % – 75 %.

Bei größeren Zervixkarzinomen (2-4 cm) wird der Einsatz von neoadjuvanten Chemotherapien gefolgt von Konisation oder Trachelektomie mit pelviner Lymphonodektomie zum Organerhalt untersucht. Dieser Therapieansatz stellt keinen Standard dar, kann aber in Einzelfällen bei Frauen mit Kinderwunsch erwogen werden.

Doch was, wenn die Gebärmutter entfernt werden musste, die Patientin sich dennoch ein Kind wünscht? Für Patientinnen nach Hysterektomie kann die Gebärmutter-Transplantation eine, wenn auch experimentelle, Option darstellen. Weltweit wurden mittlerweile 13 gesunde Kinder nach Uterustransplantation geboren. Nach der Implantation der Gebärmutter ist allerdings die Einnahme von immunsupprimierenden Medikamenten erforderlich, die wiederum anfälliger für Tumorrezidive macht. Darüber müssen die Patientinnen aufgeklärt werden.

Möglichkeiten zum Erhalt der Fertilität nach einer Radio(chemo)therapie

Bei größeren Tumoren ist eine Radiochemotherapie indiziert. Die Bestrahlung des Beckens kann Veränderungen und Schäden an Ovarien, Tuben und Uterus mit Einschränkung der Fertilität bedingen. Bei einer Chemotherapie hängt das Risiko der Unfruchtbarkeit von den gewählten Medikamenten und der Dosis ab. Zum Fertilitätserhalt und zur Organschonung gibt es folgende Möglichkeiten:

– Durch eine Ovariopexie (=chirurgische Verlegung der Eierstöcke, nach der Therapie Rückverlegung) können die Eierstöcke geschont werden. Unter 2-3 Gy Ovardosis sollten angestrebt werden. Nutzen und Risiken müssen aber gegeneinander abgewogen werden, in 1-8 % der Fälle kommt es, je nach Stadium und Histologie, zur ovariellen Metastasierung. Die Rückverlagerung ist technisch schwierig und geht mit einem Risiko für den funktionellen Ovarverlust einher.

– Schonung der Eierstöcke durch eine Hormontherapie: Grundlage der Anwendung von GnRH-Agonisten (GnRHa) zur Fertilitätsprotektion ist die Hypothese, dass die resultierende „Ruhigstellung“ der ovariellen Aktivität zu einer reduzierten Sensitivität des Germinalgewebes gegenüber zytotoxischen Effekten führen müsste. Die Wirkmechanismen sind nicht ganz klar, der Nutzen ist schwer zu beurteilen. Die Studien fallen nichtsdestotrotz eher positiv aus. Die Therapie sollte Patientinnen mit Kinderwunsch lt. Leitlinie angeboten werden.

– Auch die Kryokonservierung von Ovargewebe, befruchteter und unbefruchteter Eizellen sind weltweit etablierte, reproduktionsmedizinische Techniken, die bei Patientinnen vor der Krebstherapie angewendet werden können. Das Gewebe muss vor der Therapie entnommen und eingefroren werden. Der Beginn der Krebstherapie sollte möglichst nicht verzögert werden.

– Der Uterus wird in der Regel mit der Gesamtdosis bestrahlt, bei Kinderwunsch sollte die Dosis und das bestrahlte Volumen so gering wie möglich gehalten werden, moderne Bestrahlungstechniken erlauben Organschonung. Indikation und leitliniengerechte Therapie müssen dabei stets beachtet und eingehalten werden.

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