Das Wissenschaftsteam um Privatdozentin Dr. Valentina Puntmann und Prof. Eike Nagel vom Universitätsklinikum Frankfurt und der Goethe-Universität haben rund 350 Studienteilnehmer:innen ohne vorbekannte Herzprobleme nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion seriell untersucht. Dabei stellten sie fest, dass mehr als die Hälfte von ihnen noch knapp ein Jahr später von Herzsymptomen berichteten, wie etwa Belastungsintoleranz, Herzrasen und Brustschmerzen. Die Beschwerden lassen sich laut Studie auf eine persistente leichte Herzentzündung zurückführen. Eine ausgeprägte strukturelle Herzkrankheit ist keine Charakteristik des Syndroms. (Nature Medicine, DOI 10.1038/s41591-022-02000-0).

FRANKFURT. Nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion klagen viele Menschen über anhaltende Herzbeschwerden wie verminderte körperliche Leistungsfähigkeit, Herzrasen oder Brustschmerzen, selbst wenn der Infektionsverlauf mild war und sie zuvor nie Herzprobleme hatten. Frühere Studien überwiegend an jungen, sportlichen Menschen konnten bereits zeigen, dass nach einer COVID-19-Erkrankung leichte Herzentzündungen auftreten können, die jedoch nicht durch Durchblutungsstörungen des Herzens verursacht werden, wie sie etwa infolge stark verengter Herzkranzgefäße auftreten.

Ein medizinisches Wissenschaftsteam um PD Dr. Valentina Puntmann und Prof Eike Nagel vom Institut für Experimentelle und Translationale Kardiovaskuläre Bildgebung des Universitätsklinikum Frankfurt haben 346 Personen – je zur Hälfte Frauen und Männer – im Alter zwischen 18 und 77 Jahren jeweils rund vier und elf Monate nach einer überstandenen SARS-CoV-2-Infektion untersucht. Dafür wurde das Blut der Studienteilnehmerinnen und –teilnehmer untersucht, Kernspinaufnahmen des Herzens angefertigt und ihre Beschwerden anhand standardisierter Fragenbögen erfasst und bewertet.

Das Ergebnis: 73 Prozent der Menschen klagten zu Beginn der Studie über Herzprobleme, bei 57 Prozent bestanden diese Beschwerden auch noch bis zu 11 Monate nach der SARS-CoV-2-Infektion. Entsprechend konnten das Wissenschaftsteam eine zwar leichte, aber anhaltende Herzentzündung feststellen, die nicht mit strukturellen Veränderungen der Herzklappen oder Herzwände einhergingen. Auch der Blutspiegel an Troponin – einem Eiweiß, das bei Herzmuskelschäden ins Blut gelangt – war nicht auffällig.

Dr. Puntmann erläutert: „Die Beschwerden der Patienten passen zu unseren medizinischen Befunden. Allerdings unterscheidet sich die durch das SARS-CoV-2-Virus hervorgerufene Herzentzündung offenbar von einer klassischen viralen Myokarditis, denn der Herzmuskel unserer Patientinnen und Patienten war weder tiefgreifend geschädigt noch in seiner Funktion beeinträchtigt.“ Das Krankheitsbild erinnere eher an die Befunde bei chronischen diffusen Entzündungssyndromen wie etwa Autoimmunerkrankungen, so die Wissenschaftlerin und Medizinerin: „Welche Prozesse im Körper zugrunde liegen und welche langfristigen Folgen diese Form der Herzentzündung für die Betroffenen nach einer milden COVID-Infektion hat, können wir derzeit nur schwer abschätzen. Weitere Studien werden uns hier hoffentlich Klarheit verschaffen.“

Weil die Studie auf einer ausgewählten Population von Personen beschränkt war, die sich von einer COVID-19-Infektion erholt hatten, lässt sich die Zahl der Herzmuskelerkrankungen als Folge der Infektion nicht auf die Gesamtbevölkerung hochrechnen. Die Studie wurde durch die Bayer AG, die Deutsche Herzstiftung und das Deutsche Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) gefördert.

Originalpublikation:

Valentina O. Puntmann, Simon Martin, Anastasia Shchendrygina, Jedrzej Hoffmann, Mame Madjiguène Ka, Eleni Giokoglu, Byambasuren Vanchin, Niels Holm, Argyro Karyou,Gerald S. Laux, Christophe Arendt, Philipp De Leuw, Kai Zacharowski, Yascha Khodamoradi,Maria J. G. T. Vehreschild, Gernot Rohde, Andreas M. Zeiher, Thomas J. Vogl,Carsten Schwenke, Eike Nagel Long-term cardiac pathology in individuals with mild initial COVID-19 illness. Nature Medicine (2022) https://www.nature.com/articles/s41591-022-02000-0

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