MedWiss – Eine Kinderwunschbehandlung sollte so nah wie möglich an die individuellen Voraussetzungen der Frau angepasst werden. Das spezielle Dosierungsschema der neuen Generation Follitropin delta ermöglicht dies. Zudem wird Follitropin delta aus menschlichen statt aus Hamsterzellen gewonnen.

Bei der Entstehung menschlichen Lebens laufen zahlreiche Schritte ab – Heranreifen von Eizellen, Eisprung, Befruchtung, Einnistung, Entwicklung und Wachsen des Embryos. Eine Kinderwunschbehandlung kann einzelne Schritte unterstützen, wobei sich die Behandlung an den persönlichen Voraussetzungen der Patient*innen orientiert. Beispielsweise werden durch Laboruntersuchungen Hormonwerte bestimmt und die anschließende Behandlung darauf abgestimmt. Auch bei den eingesetzten Hormonen gibt es Unterschiede: Unter den Hormonen, die das Heranreifen mehrerer Follikel fördern (follikelstimulierende Hormone, FSH oder Follitropine), gibt es z. B. Follitropine aus menschlichen Zelllinien und solche aus Hamster-Zelllinien. Sie unterscheiden sich auch in ihren Eigenschaften.1-3

Doppelt menschlich: Menschliche Hormone aus menschlichen Zelllinien

Die neue Generation Follitropin delta wird aus menschlichen Zelllinien hergestellt und unterscheidet sich von den früheren Generationen der Follitropine (z. B. Follitropin alfa und beta), die aus Hamster-Zelllinien gewonnen werden. Follitropin aus menschlichen Zelllinien kommt natürlichem Follitropin näher. Daher zeigt Follitropin delta eine höhere Wirkstärke und es wird eine geringere Gesamtdosis benötigt.3-6

Personalisierte Kinderwunschbehandlung

Werden vor der Verabreichung eines Medikaments Laboruntersuchungen durchgeführt, um die optimale Dosis des Medikaments zu ermitteln, spricht man auch von Personalisierter Medizin.7 Vor einer künstlichen Befruchtung werden häufig die Werte des Anti-Müller-Hormons (AMH) bestimmt. Sie geben Aufschluss über die individuelle Eizellreserve.8 Außerdem besteht ein Zusammenhang zwischen AMH-Werten im Blut und dem Ansprechen der Eierstöcke während einer Stimulation.8 Anhand der AMH-Werte und des Körpergewichts der Frau können die behandelnden Ärzte bei Einsatz von Follitropin delta nach einem zugelassenen Dosierungsschema die Hormondosis individuell anpassen.

Studienergebnisse zur personalisierten Kinderwunschbehandlung mit Follitropin delta

In einer aktuellen Untersuchung erhielten mehr als 1.000 Frauen den ersten Zyklus ihrer Kinderwunschbehandlung.5 Ermittelt wurden u. a. die Zahl fortlaufender Schwangerschaften, die Lebendgeburtenrate sowie Nebenwirkungen wie eine ovarielle Überstimulation (ovarielles Hyperstimulationssyndrom, OHHS). Die Stimulation der Eierstöcke erfolgte entweder mit einer individuellen, mittels Dosierungsalgorithmus auf die Frau abgestimmten Dosis Follitropin delta (hrFSH delta) oder mit einer konventionellen Dosierung von Follitropin alfa (rFSH alfa).

Während die Rate der fortlaufenden Schwangerschaften unter Follitropin delta und Follitropin alfa vergleichbar war, gab es auch deutliche Unterschiede: So war die Lebendgeburtenrate unter Follitropin delta höher als unter Follitropin alfa. Außerdem entwickelten unter Follitropin delta weniger Frauen ein frühes ovarielles Überstimulationssyndrom. Ein weiterer Vorteil: Aufgrund des validierten Dosierungsalgorithmus lag die Gesamtdosis von Follitropin delta deutlich unter der von Follitropin alfa.

Diese Ergebnisse sprechen für eine zeitgemäße personalisierte, auf die Patient*innen zugeschnittene Vorgehensweise. Auch die eingesetzten Hormone spiegeln einen deutlichen Fortschritt wider: Mit menschlichen Hormonen aus menschlichen Zelllinien kommen wir den natürlichen Abläufen noch einen Schritt näher.

Referenzen:

1 Koechling W, Plaksin D, Croston GE et al. Comparative pharmacology of a new recombinant FSH expressed by a human cell line. Endocr Connect. 2017; 6 (5): 297-305.

2 Bousfield GR, Harvey DJ. Follicle-Stimulating Hormone Glycobiology. Endocrinology. 2019 160 (6): 1515-1535.

3 Olsson H, Sandström R, Grundemar L. Different pharmacokinetic and pharmacodynamic properties of recombinant follicle-stimulating hormone (rFSH) derived from a human cell line compared with rFSH from a non-human cell line. J Clin Pharmacol. 2014; 54 (11): 1299-1307.

4 Nyboe Andersen A, Nelson SM, Fauser BC et al. Individualized versus conventional ovarian stimulation for in vitro fertilization: a multicenter, randomized, controlled, assessor-blinded, phase 3 noninferiority trial. Fertil Steril. 2017; 107 (2): 387-396.

5 Qiao J, Zhang Y, Liang X et al. A randomised controlled trial to clinically validate follitropin delta in its individualised dosing regimen for ovarian stimulation in Asian IVF/ICSI patients. Hum Reprod. 2021; 36 (9): 2452–2462. Bei Patient*innen asiatischer Herkunft wurde als primärer Endpunkt die fortlaufende Schwangerschaftsrate untersucht. Zu den sekundären Endpunkten zählten u. a. die Lebendgeburtenrate, die Zahl gewonnener Oozyten sowie die OHSS-Häufigkeit.

6 Ishihara O, Arce JC for the Japanese Follitropin Delta Phase 3 Trial (STORK) Group. Individualized follitropin delta dosing reduces OHHS risk in Japanese IVF/ICSI patients: a randomized controlled trial. Reprod Biomed Online. 2021; 42 (5): 909-918.

7 vfa-Positionspapier Personalisierte Medizin. März 2020. https://www.vfa.de/embed/positionspapier-personalisierte-medizin.pdf, abgerufen am 21.06.2021

8 di Clemente N, Racine C, Pierre A, Taieb J. Anti-Müllerian hormone in female reproduction. Endocr Rev. 2021: bnab012. doi: 10.1210/endrev/bnab012.