Bei Synucleinopathien wie M. Parkinson lagern sich fehlgefaltete Strukturen des Proteins α-Synuclein im Gehirn ab und führen zum fortschreitenden Nervenzellverlust. Da es keine kausale Therapie gibt, ist die frühe Diagnose wichtig, um Maßnahmen zu ergreifen, die den Erkrankungsverlauf verlangsamen können. Weltweit wird daher an zuverlässigen Diagnosetests geforscht, um α-Synuclein bei den Betroffenen nachzuweisen. Vor kurzem gelang der Nachweis im Liquor – und einem deutschen Forschungsteam sogar im Blut. Eine Arbeitsgruppe aus Japan und Luxemburg bestätigte nun die Nachweisbarkeit von α-Synuclein im Blut mit einer weiteren Methode [1].

Der M. Parkinson ist eine häufige neurologische Erkrankung, wobei die Häufigkeit in den nächsten Jahren noch deutlich zunehmen wird. Bei M. Parkinson gibt es oftmals uncharakteristische Frühsymptome (Prodromi), die schon bis zu 20 Jahren vor der eigentlichen Erkrankung auftreten können (z.B. Verstopfung, eine verminderte Geruchswahrnehmung oder eine spezielle Schlafstörung, die sog. REM-Schlaf-Verhaltensstörung). Obwohl es bislang keine ursächliche Therapie gibt, ist es besonders vor dem Hintergrund der langen Prodromalphase wichtig, die Erkrankung so früh wie möglich zu erkennen. Dann können Maßnahmen, die den Verlauf positiv beeinflussen (Lebensstilveränderungen, körperliches Training, Ernährung, symptomreduzierende Medikamente) frühzeitig eingesetzt werden und den Krankheitsverlauf verlangsamen.

Derzeit wird die Diagnose einer Parkinson-Erkrankung rein klinisch gestellt. Wünschenswert wären Biomarkertests mit hoher Sensitivität und Spezifität, die es erlauben, schon bei geringstem Verdacht die Diagnose sicher zu stellen und von anderen Erkrankungen abzugrenzen. Im Frühstadium ähneln sich die Symptome verschiedener Synucleinopathien, so dass die Unterscheidung des M. Parkinson von der Multisystematrophie (MSA) oder der Lewy-Body-Demenz (LBD) oft schwierig ist.

Im April dieses Jahres wurde auf dem Gebiet der Parkinsonfrühdiagnose im Rahmen der großen internationalen multizentrischen PPMI-Kohortenstudie („Parkinson’s Progression Markers Initiative“) [2] bereits gezeigt, dass die krankheitsspezifischen Proteinaggregate („α-Synuclein-Seeds“) mittels αSyn-SAA („α-Synuclein-Seed-Amplification-Assay“) nicht nur bei Erkrankten, die die Parkinson-typischen Bewegungsstörungen aufweisen, sondern auch bereits im Prodromalstadium im Nervenwasser mit hoher Sensitivität und Spezifität erkannt werden.

Eine Nervenwasserpunktion wird jedoch als invasive Untersuchung oft gescheut. Viel praktikabler wäre ein Bluttest für den M. Parkinson. Daran arbeiten weltweit verschiedene Forschungsgruppen. Federführend in Deutschland ist auf diesem Gebiet die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Daniela Berg von der Christian-Albrechts-Universität in Kiel (CAU). Im Juni letzten Jahres berichtete die Arbeitsgruppe in der Zeitschrift „Brain“ über einen großen Forschungserfolg. Es war erstmals gelungen, in Patientenblut sogenannte α-Synuclein-Seeds in neuronalen Vesikeln nachzuweisen [3] – dies sind von Nervenzellen abgeschnürte kleinste Bläschen, die vom Gehirn ins Blut abgegeben werden.

In der Zeitschrift „Nature Medicine“ berichtet nun auch eine Forschungsgruppe aus Japan und Lu-xemburg [1] vom Nachweis der α-Synuclein-Seeds in Patientenblut – sowohl bei symptomatischer als auch bei prodromaler Parkinson-Erkrankung. Das Team nutzte dafür ein Verfahren, das auf einer sog. Immunpräzipitation beruht. Dabei werden die α-Synuclein-Seeds durch Antikörper, die spezifisch an die Seeds binden, aus dem Serum der Kranken „gefischt“ und dann mit der gängigen RT-QuIC-Methode bis zur Nachweisgrenze vermehrt. Die Methode erwies sich als schnell und hochsensitiv und konnte Serumkonzentrationen von nur 1 ng/ml (=0,001 µg/ml) nachweisen. Evaluiert wurde die Methode an Seren von 270 Erkrankten mit klinisch-neuroradiologischer Diagnose einer Synucleinopathie (221 PD, 39 MSA, 10 LBD), neun Personen mit Parkinson-Prodromi (spezielle RBD-Schlafstörung), 72 mit anderen neurodegenerativen Erkrankungen (z.B. M. Alzheimer) und 128 Kontrollpersonen. Die zweite eigene Kohorte umfasste 40 Erkrankte mit Synukleinopathie (34 PD, 6 MSA) und neun Kontrollen. Eine dritte, externe und verblindete Kohorte bestand aus 35 Teilnehmenden mit Synukleinopathie (20 PD, 15 MSA), sechs anderen neurodegenerativen Erkrankungen und 20 Kontrollen. Der neue Assay ergab positive Ergebnisse für Parkinson-Kranke der ersten, zweiten und externen Kohorte in 95% (210/221), 100% (34/34) und 75% (15/20). Insgesamt zeigte der IP/RT-QuIC somit eine hohe diagnostische Leistung bei der Unterscheidung von PD-Kranken und Gesunden: In der ROC-Analyse errechnete sich für den IP/RT-QuIC eine Sensitivität von 94,6% und eine Spezifität von 92,1%.

„Viele Wege können zum Ziel führen. Wann der erste Bluttest wirklich im klinischen Alltag zur Verfügung steht, ist im Moment noch schwer einzuschätzen“, so die Expertin Prof. Dr. Daniela Berg, Kiel, stellvertretende Präsidentin der DGN. „Vor dem routinemäßigen Einsatz in der Klinik müssen alle Testverfahren zunächst an großen Kohorten evaluiert werden, um die Sicherheit im Hinblick auf die Diagnosestellung nachzuweisen. Denn gerade bei schwerwiegenden Erkrankungen ist die Zuverlässigkeit eines Bluttests von größter Bedeutung. Es muss weitgehend ausgeschlossen sein, dass es zu falsch-positiven oder falsch-negativen Ergebnissen kommen kann. Wir hoffen aber, dass bereits in wenigen Jahren eine sichere Parkinson-Frühdiagnose anhand eines Bluttests möglich sein wird.“

Literatur

[1] Okuzumi A, Hatano T, Matsumoto G et al. Propagative α-synuclein seeds as serum biomarkers for synucleinopathies. Nat Med 2023 May 29. doi: 10.1038/s41591-023-02358-9. Online ahead of print.

[2] Siderowf A, Concha-Marambio L, Lafontant DE et al. Assessment of heterogeneity among participants in the Parkinson’s Progression Markers Initiative cohort using α-synuclein seed amplification: a cross-sectional study. Lancet Neurol 2023; 22: 407–17

[3] Annika Kluge A, Bunk J, Schaeffer E et al. Detection of neuron-derived pathological α-synuclein in blood. Brain 2022 Sep 14; 145 (9): 3058-3071 doi: 10.1093/brain/awac115. https://doi.org/10.1093/brain/awac115

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