Ein MHH-Forschungsteam untersucht, welchen Einfluss der Hormonproduzent auf die Entstehung einer Präeklampsie in der Schwangerschaft hat.

Die Präeklampsie – früher auch Schwangerschaftsvergiftung oder Gestose genannt – gehört zu den häufigsten Erkrankungen werdender Mütter. Sie tritt bei etwa fünf Prozent aller Schwangerschaften auf und kann unbehandelt sogar tödlich verlaufen. Die genauen Ursachen für die Entstehung und Entwicklung der Krankheit sind nicht vollständig erforscht, gezielte Behandlungsmöglichkeiten gibt es nicht. Eine wichtige Rolle scheint aber der sogenannte Gelbkörper zu spielen, der verschiedene, für den reibungslosen Verlauf der Schwangerschaft wichtige Hormone freisetzt. Der in der Fachsprache als Corpus luteum bezeichnete Hormonproduzent entsteht im Eierstock nach dem Eisprung aus dem geplatzten Eibläschen. Er produziert unter anderem Progesteron, das auch Gelbkörperhormon genannt wird und dafür sorgt, dass sich die Gebärmutterschleimhaut verdickt, damit sich eine befruchtete Eizelle einnisten kann. Fehlt der Gelbkörper oder ist er zu schwach ausgeprägt, erhöht sich das Risiko einer Präeklampsie deutlich.

Ein Forschungsteam um Professorin Dr. Frauke von Versen-Höynck, Oberärztin an der Klinik für Frauenheilkunde und Geburtshilfe der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH), untersucht jetzt, welchen regulatorischen Einfluss der Gelbkörper für eine komplikationsfreie Schwangerschaft hat. Eine intakte Gebärmutterschleimhaut, welche sich in der Schwangerschaft zur sogenannten Dezidua umwandelt, ist unter anderem für die erfolgreiche Einnistung des Embryos von Bedeutung. Die Forschenden wollen herausfinden, wie die verschiedenen Zelltypen der Dezidua miteinander kommunizieren müssen und welche Rolle das vom Gelbkörper produzierte Hormon Relaxin dabei spielt. Das Projekt „Die regulatorische Bedeutung des Corpus luteum und von Relaxin für die Dezidua“ erfolgt in Kooperation mit den Universitätskliniken Düsseldorf und Jena und wird von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) über drei Jahre mit rund 860.000 Euro unterstützt.

Umbau der Gebärmutterschleimhaut gestört

Das Präeklampsie-Risiko ist unter anderem bei Frauen erhöht, die mit Hilfe künstlicher Befruchtung schwanger werden. „Solche assistierten Reproduktionstechniken werden weltweit zunehmend eingesetzt und können eine Schwangerschaft ermöglichen, auch ohne dass sich ein Gelbkörper bildet“, betont Professorin von Versen-Höynck, Projektleiterin und Leiterin der Arbeitsgruppe Reproduktionsmedizin und Molekulare Perinatologie. Die Weichen für die Erkrankung werden bereits in der frühen Phase der Schwangerschaft und möglicherweise bereits vor deren Eintreten gestellt. Bei betroffenen Frauen kann der Umbau der Gebärmutterschleimhaut gestört sein, an der später die Plazenta andockt. Dieser Dezidualisierung genannte Prozess ist Voraussetzung dafür, dass sich der Embryo reibungslos einnisten kann und mit Sauerstoff und Nährstoffen versorgt wird.

Vergleich von Gewebe mit und ohne Gelbkörper

„Wir schauen uns in unserem Projekt an, wie die Bindegewebszellen der Gebärmutterschleimhaut, die Gefäße auskleidenden Endothelzellen und die Trophoblastzellen der sich entwickelnden Plazenta in Wechselwirkung treten“, sagt Professorin von Versen-Höynck. Ein Vergleich von Gewebeproben aus der Gebärmutterschleimhaut schwangerer Frauen mit und ohne Gelbkörper soll Aufschluss geben, wie das Hormon Relaxin die Kommunikation der Zellen genau steuert.

In einem ebenfalls von der DFG geförderten, noch laufenden Forschungsprojekt untersuchen und vergleichen Professorin von Versen-Höynck und ihr Team zudem Plazenta- und Gebärmutterschleimhaut-Proben aus Schwangerschaften, die zum einen mit und ohne Corpus luteum entstanden und zum anderen normal verlaufen sind oder zu einer Präeklampsie geführt haben. „Unser Ziel ist, mehr über den genauen Verlauf der Präeklampsie zu wissen und so die Grundlage zu liefern, möglichst schon vor einer künstlichen Befruchtung das biochemische Gleichgewicht für einen ungestörten Umbau der Gebärmutterschleimhaut einstellen zu können“, sagt die Oberärztin.

Stichwort Präeklampsie

Präeklampsie tritt in der zweiten Schwangerschaftshälfte auf und sorgt für hohen Blutdruck, häufig verbunden mit einer vermehrten Eiweißausscheidung im Urin. Starkes Übergewicht und höheres Alter der Mutter sowie bereits bestehender Bluthochdruck oder Mehrlingsschwangerschaften zählen zu den Risikofaktoren. In besonders schweren Fällen können eine Störung der Leber- und Nierenfunktion und Krampfanfälle folgen. Durch verminderte Durchblutung der Plazenta führt die Erkrankung beim ungeborenen Kind im Mutterleib zu vermindertem Wachstum und verringertem Geburtsgewicht. Nicht selten ist es daher notwendig, eine vorzeitige Entbindung einzuleiten, um Mutter und Kind vor lebensbedrohlichen Komplikationen zu schützen.

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