Wissenschaftler evaluierten die Wirksamkeit von Colchicin bei 411 COVID-19- Patienten in stationärer Behandlung und fanden, dass Patienten ohne Colchicin rascher auf zusätzlichen Sauerstoff verzichten und die Klinik verlassen konnten. Ein ergänzender systematischer Review bestätigte die Einschätzung der Autoren, dass der Wirkstoff bei COVID-19 nicht zu empfehlen ist.

Nach Infektion mit dem neuen Coronavirus SARS-CoV-2 kann es zur Erkrankung COVID-19 und bei schweren Verläufen einem sogenannten Zytokinsturm kommen. Damit wird eine zu starke, sich selbst weiter verstärkende Reaktion des Immunsystems bezeichnet, bei der sehr hohe Konzentrationen entzündungsförderlicher Botenstoffe (Zytokine) freigesetzt werden. Colchicin wurde in früheren Studien als mögliches anti-inflammatorisches Mittel diskutiert, das den Zytokinsturm dämpfen könnte. Bisherige Behandlungsstudien erbrachten jedoch keine klaren Ergebnisse. Wissenschaftler in Ägypten evaluierten nun die Wirksamkeit von Colchicin bei COVID-19- Patienten in stationärer Behandlung.

Kann Colchicin bei COVID-19 und gegen Zytokinsturm helfen?

Die rückblickende Beobachtungsstudie wurde in drei Kliniken in Alexandria (Ägypten) durchgeführt. Darüber hinaus führten die Autoren einen systematischen Review durch, in dem sie aus 6 medizin-wissenschaftlichen Datenbanken ermittelte Studien zum Einsatz von Colchicin bei COVID-19-Patienten bis März 2023 analysierten. Primärer Fokus der Analyse war, ob Colchicin die Zahl der Tage reduzieren könne, an denen Patienten zusätzlichen Sauerstoff benötigten. Sekundär ermittelten die Autoren, ob Colchicin die Zahl der stationären Behandlungstage und die Sterberate bei Patienten senken könnte.

Beobachtungsstudie mit 411 stationär behandelten COVID-19-Patienten

In der Beobachtungsstudie wurden von 515 hospitalisierten COVID-19-Patienten 411 Patienten in die weitere Analyse eingeschlossen. Nach Berücksichtigung der Patienten-Charakteristika zeigte sich, dass Patienten, die ohne Colchicin behandelt wurden, weniger lang stationär behandelt werden mussten (Median: Colchicin: 7,0 Tage vs. ohne Colchicin: 6,0 Tage; p < 0,05) und an weniger Tagen zusätzlichen Sauerstoff benötigten (Median: Colchicin: 6,0 Tage vs. ohne Colchicin: 5,0 Tage; p < 0,05). Es gab jedoch keinen signifikanten Unterschied in der Sterberate.

In einer Untergruppen-Analyse basierend auf dem Bedarf für zusätzlichen Sauerstoff bereits bei Aufnahme in die stationäre Behandlung, benötigten Patienten mit initialem Sauerstoffbedarf weniger lang diese Unterstützung, wenn sie ohne Colchicin behandelt wurden (Hazard Ratio, HR: 0,76; 95 % Konfidenzintervall, KI: 0,59 – 0,97). Ein höheres Risiko für längeren Sauerstoffbedarf hatten Patienten, die zusätzlich zu Colchicin auch Clarithromycin im Vergleich zu Azithromycin erhielten (HR: 1,77; 95 % KI: 1,04 – 2,99).

Rascher gesund ohne Colchicin

Diese Ergebnisse bestätigten sich in der Analyse über 36 Colchicin-Studien mit zusammen 114 878 COVID-19-Patienten. Nur 16,7 % der Studien verglichen Colchicin mit einem Placebo, andere setzten Colchicin als Ergänzungstherapie ein. Die Dosierung und Dauer der Behandlung variierten stark. Über 50 % der Studien fanden keine signifikante Reduktion der Sterblichkeit, Symptome, Hospitalisierung oder Sauerstoffversorgung sowie keine Reduktion der Inflammation.

Systematischer Review bestätigt: Meist kein positiver Colchicin-Effekt bei COVID-19

Stationär behandelte COVID-19-Patienten, die mit Colchicin behandelt werden, hatten demnach einen ungünstigeren Verlauf mit Blick auf Dauer der zusätzlichen Sauerstoffversorgung und die Dauer des Krankenhausaufenthalts. Basierend auf diesen Ergebnissen schließen die Autoren, dass der Einsatz von Colchicin bei COVID-19 in stationärer Behandlung nicht zu empfehlen ist.

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Autor: Sharaf S, Ashmawy R, Saleh E, Salama M, El-Maradny YA, Zari A, Aly S, Tolba A, Mahrous D, Elsayed H, Latif D, Redwan EM, Kamal E. Oxygen Saturation in Hospitalized COVID-19 Patients and Its Relation to Colchicine Treatment: A Retrospective Cohort Study with an Updated Systematic Review. Medicina (Kaunas). 2023 May 12;59(5):934. doi: 10.3390/medicina59050934. PMID: 37241167; PMCID: PMC10223566.
https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/37241167/

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