Depressionsprävention mit Vitamin D? Nicht bei guter Vitamin-D-Ausgangslage
Ein US-amerikanisches Team untersuchte nun die Wirkung von Vitamin-D3-Supplementierung auf das Depressionsrisiko bei Erwachsenen ab 50 Jahren. Über 18 000 Menschen, die typischerweise nicht unter Vitamin D-Mangel litten, erhielten im Schnitt über 5 Jahre lang täglich Vitamin D oder ein Placebo. Das individuelle Depressionsrisiko war dadurch jedoch nicht beeinflusst. Die Studie kann damit den Einsatz von Vitamin-D3-Supplementierung zur Prävention von Depression bei Erwachsenen, zumindest bei nicht klarem Mangelzustand, nicht unterstützen.
Niedrige Vitamin-D-Werte, genauer: 25-Hydroxyvitamin D, stehen in Zusammenhang mit einem höheren Risiko für Depression im späteren Leben. Hierzu gibt es allerdings bislang kaum langfristige, hochdosierte Studien zur Untersuchung des Effekts von Vitamin-D-Supplementierung. Ein US-amerikanisches Team untersuchte nun die Wirkung von Vitamin-D3-Supplementierung auf das Depressionsrisiko im späteren Alter.
Kann Vitamin-D-Supplementierung das Depressionsrisiko Älterer beeinflussen?
18 353 Männer und Frauen ab 50 Jahren nahmen an der VITAL-DEP-Studie zur Prävention von Depression mit Hilfe von Vitamin D und Omega-3 teil, die an eine randomisierte klinische Studie zu kardiovaskulären Erkrankungen und Krebsprävention mit 25 871 Erwachsenen in den USA angeschlossen war. In der Studiengruppe gab es 16 657 Menschen mit Risiko für Depression ohne bisherige depressive Erkrankung. 1696 Menschen hatten dagegen ein Risiko für eine wiederkehrende Depression. Diese Teilnehmer hatten also eine depressive Erkrankung in früheren Jahren durchlebt, waren allerdings in den vergangenen zwei Jahren nicht wegen Depression in Behandlung. Die zufällige Zuordnung zu Behandlungsgruppen erfolgte zwischen November 2011 und März 2014. Die randomisiert zugewiesene Behandlung endete Ende 2017, zeitgleich zur letzten Nachuntersuchung.
Die Teilnehmer wurden in einem 2 × 2 faktoriellen Design entweder einer Supplementierung mit Vitamin D3 (2000 IU/d Cholecalciferol) und Fischöl, Vitamin D und Placebo, Placebo und Fischöl oder mit Placebo und Placebo zugewiesen. 9181 der Teilnehmer erhielten somit Vitamin D3, 9172 erhielten stattdessen das gleich aussehende Placebo.
Randomisierte Supplementierung mit Vitamin D oder Placebo
Vorrangig wurde das Risiko für eine Depression oder klinisch relevante depressive Symptome ermittelt. Die mittlere Differenz in der Stimmungslage wurde mit Hilfe des PHQ-8-Fragebogens (8-item Patient Health Questionnaire, depressive Skala) jährlich bestimmt. In der Skala von 0 (geringste Symptome) bis 24 (meiste Symptome) betrug die minimale klinisch bedeutsame Differenz eine Änderung von 0,5 Punkten.
Ermittlung von depressiven Symptomen und Änderung der Stimmungslage
Unter den 18 353 randomisierten Teilnehmern im durchschnittlichen Alter von 67,5 Jahren (+- 7,1 Jahre) waren 49,2 % Frauen. Die mediane Behandlungsdauer betrug 5,3 Jahre. 90,5 % der Teilnehmer führten die Studie zu Ende durch. Das Risiko für eine Depression oder klinisch relevante depressive Symptome war nicht signifikant unterschiedlich zwischen den Teilnehmern, die Vitamin D3 eingenommen hatten (609 Fälle von Depression oder relevanten depressiven Symptomen; 12,9/1000 Personenjahre) und der Placebogruppe (625 Fälle; 13,3/1000 Personenjahre). Das nicht zu unterscheidende Risiko wurde statistisch mit der Hazard Ratio (HR) bestätigt: HR 0,97 (95 % Konfidenzintervall KI: 0,87 bis 1,09, p = 0,62). Es zeigten sich weder Unterschiede in neuauftretenden noch in wiederkehrenden Depressionsfällen. Die Stimmungslage, ermittelt mit dem PHQ-8-Wert, zeigte ebenfalls keine signifikante Differenz zwischen Vitamin-D-Supplementierung und Placebo (mittlere Differenz 0,01 Punkte, 95 % KI: -0,04 bis 0,05 Punkte).
Depressionsprävention mit Vitamin D? Nicht bei guter Vitamin-D-Ausgangslage
Bei Erwachsenen im Alter von mindestens 50 Jahren ohne aktuelle klinisch relevante depressive Symptome beeinflusste die Supplementierung mit Vitamin D3 im Vergleich zu Placebo nicht die Inzidenz und das Wiederauftreten einer Depression oder klinisch relevanter depressiver Symptome. Die Supplementierung zeigte auch keine signifikanten Effekte auf die Stimmungslage (PHQ-8) in der medianen Beobachtung über 5,3 Jahre. Die Teilnehmer hatten typischerweise einen adäquaten Vitamin-D-Level zu Beginn der Studie, berichten die Autoren. Die Studie kann damit den Einsatz von Vitamin-D3-Supplementierung zur Prävention von Depression bei Erwachsenen, zumindest bei nicht klarem Mangelzustand, nicht unterstützen.
Referenz: Okereke, Olivia I., Charles F. Reynolds, David Mischoulon, Grace Chang, Chirag M. Vyas, Nancy R. Cook, Alison Weinberg, et al. “Effect of Long-Term Vitamin D 3 Supplementation vs Placebo on Risk of Depression or Clinically Relevant Depressive Symptoms and on Change in Mood Scores.” JAMA 324, no. 5 (August 4, 2020): 471. https://doi.org/10.1001/jama.2020.10224.