In früheren Studien wurde bereits gezeigt, dass Palmitoylethanolamid/Lutein (PEA-LUT) akutes COVID-19 und Folgestörungen des Geruchssinns positiv beeinflussen kann. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Wirkung von PEA-LUT bei Long-COVID-Patienten mit kognitiven Störungen und Fatigue anhand von Prozessen der Gehirnaktivität mit Hilfe von transkranieller Magnetstimulation (TMS) und Denkleistungstests zu ermitteln. Neurophysiologisch war die Behandlung vielversprechend, jedoch konnte kein Effekt auf die Denkleistung nachgewiesen werden.

Frühere Untersuchungen mit transkranieller Magnetstimulation (TMS) zeigten, dass Patienten mit kognitiven Störungen und Fatigue nach COVID-19 eine reduzierte Hemmung innerhalb der Gehirnrinde (long-interval intracortical inhibition, LICI) aufweisen. Dies wird auf eine gestörte GABAB-erge Aktivität im Gehirn zurückgeführt. Palmitoylethanolamid/Lutein (PEA-LUT) moduliert die Freisetzung des Endocannabinoids 2-Arachidonoylglycerol, das GABA-erge Signale verstärken und Neuroinflammation reduzieren kann. In früheren Studien wurde bereits gezeigt, dass PEA-LUT akutes COVID-19 und Folgestörungen des Geruchssinns positiv beeinflussen kann. Ziel der vorliegenden Studie war es, die Wirkung von PEA-LUT (co-ultramikronisiert) bei Patienten mit LICI zu ermitteln.

Palmitoylethanolamid/Lutein (PEA-LUT): Endocannabinoid-System bei Long COVID?

Patienten mit Denkschwierigkeiten und Fatigue nach mildem COVID-19 wurden randomisiert einer Behandlung mit PEA-LUT (700 mg + 70 mg) oder einem Placebo zugewiesen. Die Behandlung wurde zweimal täglich für 8 Wochen eingenommen. Am Tag vor Behandlungsbeginn und nach Abschluss der Behandlungsphase wurden die Teilnehmer mittels TMS auf LICI untersucht. Darüber hinaus untersuchten die Wissenschaftler weitere Aspekte von neuronaler Inhibition (short-latency afferent inhibition) und Hinweise auf kortikale Plastizität.

Die Denkleistung wurde mit Hilfe des Montreal Cognitive Assessment (MoCA) überprüft, mit schlechtester Leistung bei 0 Punkten und 30 Punkten bei der besten Leistung. Kognitive Störungen zeigen sich mit unter 15,5 Punkten. Kontrollfunktionen (exekutive Funktionen) wurden mit Hilfe des Frontal Assessment Battery (FAB) eingeschätzt, mit zwischen 0 (schwächste Leistung) und 18 Punkten (höchste Leistung. Ein Ergebnis unter 13,48 Punkten gilt als auffällig.

Doppelblinde, Placebo-kontrollierte, randomisierte Studie mit 39 Patienten

39 Patienten (davon 26 Frauen) im durchschnittlichen Alter von 49,9 Jahren (+/- 11,4 Jahre) nahmen im Schnitt 296,7 Tage (+/- 112,3 Tage) nach ihrer Coronavirus-Infektion an der Studie teil. Von diesen Patienten schlossen 34 Teilnehmer (je Gruppe n = 17) die Studie ab und konnten analysiert werden. Patienten mit PEA-LUT, jedoch nicht Patienten mit Placebo, wiesen nach der Behandlungsphase eine signifikante Steigerung der Hinweise auf kortikale Plastizität und der hemmenden Lang-Intervall-Signale im Gehirn (LICI; p = 0,034). In der post-hoc-Analyse zeigte sich eine signifikante Steigerung der Hemmung vor vs. nach PEA-LUT-Behandlung (p = 0,009), jedoch nicht mit dem Placebo (p = 0,72).

In den Tests der Denkleistung und Kontrollfunktionen konnten jedoch keine Unterschiede zwischen den Zeitpunkten vor und nach der Behandlungsphase festgestellt werden (p > 0,05). Im MoCA erreichten die Teilnehmer im Schnitt Werte von 24,2 – 26,1 Punkten, im FAB zwischen 15,9 – 17,4 Punkten. Die Behandlung wurde gut vertragen. Es gab keine Berichte möglicher Nebenwirkungen.

PEA-LUT vielversprechend, aber mit offenen Fragen bei Gehirnfolgen durch Long COVID

Die 8-wöchige Behandlung mit PEA-LUT zeigte somit Effekt auf die GABA-erge Aktivität des Gehirns und kortikale Plastizität bei Long-COVID-Patienten. PEA-LUT zeigte sich demnach als vielversprechend. Parallele Tests der Denkleistung und Kontrollfunktionen zeigten jedoch durchweg unauffällige Ergebnisse bei allen Teilnehmern, könnten also nicht empfindlich genug für diese Patientengruppe mit spürbaren Einbußen der Denkleistung und Fatigue sein. Weitere Studien sollten daher die Wirksamkeit von PEA-LUT bei Long COVID mit besseren Methoden zur Prüfung der Denkleistung und eventuell über einen längeren Zeitraum untersuchen.

© Alle Rechte: DeutschesGesundheitsPortal / HealthCom

Quelle: Versace V, Ortelli P, Dezi S, Ferrazzoli D, Alibardi A, Bonini I, Engl M, Maestri R, Assogna M, Ajello V, Pucks-Faes E, Saltuari L, Sebastianelli L, Kofler M, Koch G. Co-ultramicronized palmitoylethanolamide/luteolin normalizes GABAB-ergic activity and cortical plasticity in long COVID-19 syndrome. Clin Neurophysiol. 2023 Jan;145:81-88. doi: 10.1016/j.clinph.2022.10.017. Epub 2022 Nov 11. PMID: 36455453; PMCID: PMC9650483.

Foto: Pexels / Keira Burton