Eine US-amerikanische Studie ermittelte die Effektivität einer Risikoabschätzung bei Prostatakrebs mittels genetischer Klassifizierung. Die Analyse der Genexpression in Tumorgewebeproben von 215 Patienten erwies sich als unabhängiger Vorhersagefaktor für Krankheitsfortschritt, biochemisches Versagen, Fernmetastasen und prostatakrebsspezifische Mortalität.

Bei lokal begrenztem Prostatakrebs muss zwischen notwendigen Behandlungsmaßnahmen und einer Überbehandlung abgewogen werden. Deshalb erfolgt eine Bewertung des Rezidivrisikos anhand von drei Parametern: Der T-Kategorie (Größe und Ausdehnung des Tumors), dem Gleason-Score (Bewertung des Zellmusters) und dem PSA-Wert (Konzentration des prostataspezifischen Antigens im Blut). Je nachdem, wie diese Parameter ausfallen, werden die Patienten in drei Risikogruppen eingeteilt: Niedriges, mittleres (intermediäres) und hohes Risiko. Diese Bewertung ist entscheidend für die Auswahl der folgenden Therapie und soll sicherstellen, dass der Patient eine ihm angemessene Therapie erhält und ihm gleichzeitg keine unnötigen Behandlungen zugemutet werden.

Prostatakrebs mit mittlerem Risiko: Bessere Risikostratifizierung mit genetischer Klassifizierung?

Bei der Zuordnung in Risikogruppen handelt es sich zunächst um eine grobe Einteilung. Für die genauere Auswahl zwischen den möglichen Therapieoptionen muss im Einzelfall abgewogen werden. Bei Prostatakrebs mit mittlerem Risiko reichen die möglichen Therapieoptionen von aktiver Überwachung bis zu radikaler Prostatektomie in Kombination mit Strahlentherapie oder Hormontherapie.

In einer Studie aus den USA wurde deshalb die genauere Unterteilung des Risikos bei Prostatakrebs mit mittlerem Risiko anhand von genetischen Merkmalen des Tumors untersucht. Eingesetzt wurde hierfür der 22-gene Decipher-Tests, der die Expression von 22 Genen in Tumorgewebeproben analysiert.

Analyse anhand von 22 Genen aus Tumorproben von 215 Patienten

Für die Studie wurden Tumorgewebeproben von 215 Prostatakrebspatienten einer Phase-III-Studie analysiert. Die mediane Nachbeobachtungszeit lag bei 12,8 Jahren. Die Klassifizierung mittels des 22-gene Decipher-Tests war ein unabhängiger Prognosefaktor für das Fortschreiten der Krankheit, biochemisches Versagen, Fernmetastasen und die prostatakrebsspezifische Mortalität.

  • Fortschreiten der Krankheit: Hazard Ratio (HR): 1,12; 95 % Konfidenzintervall, KI: 1,00 – 1,26; p = 0,04
  • Biochemisches Versagen: HR: 1,22; 95 % KI: 1,10 – 1,37; p < 0,001
  • Fernmetastasierung: HR: 1,28; 95 % KI: 1,06 – 1,55; p = 0,01
  • Prostatakrebsspezifische Mortalität: HR: 1,45; 95 % KI: 1,20 – 1,76; p < 0,001

Genetische Klassifizierung erwies sich als unabhängiger Prognosefaktor

Die 10-Jahres-Inzidenz für Fernmetastasen war unter den Patienten, denen anhand des 22-gene Decipher Tests ein niedriges Risiko zugeordnet wurde, signifikant niedriger als bei Patienten mit einem hohen Risiko.

  • Inzidenz von Fernmetastasen: niedriges Risiko: 4 % versus hohes Risiko: 16 %
  • Unterschied in der 10-Jahres-metastasenfreien-Überlebensrate: -7 %; p = 0,04

Höhere Inzidenz von Fernmetastasen bei höherer Risikoklassifizierung

Die Autoren schlussfolgerten, dass die Eignung des 22-gene Decipher Tests für die Risikostratifizierung bei Prostatakrebs mit mittlerem Risiko bestätigt werden könne. Der Test sei daher geeignet, die Entscheidungsfindung bei der Therapiewahl für Prostatakrebs mit mittlerem Risiko zu unterstützen.

© Alle Rechte: DeutschesGesundheitsPortal / HealthCom

Autor: Spratt DE, Liu VYT, Michalski J, Davicioni E, Berlin A, Simko JP, Efstathiou JA, Tran PT, Sandler HM, Hall WA, Thompson DJS, Parliament MB, Dayes IS, Correa RJM, Robertson JM, Gore EM, Doncals DE, Vigneault E, Souhami L, Karrison TG, Feng FY. Genomic Classifier Performance in Intermediate-Risk Prostate Cancer: Results From NRG Oncology/RTOG 0126 Randomized Phase 3 Trial. Int J Radiat Oncol Biol Phys. 2023 Oct 1;117(2):370-377. doi: 10.1016/j.ijrobp.2023.04.010 . Epub 2023 May 2. PMID: 37137444 ; PMCID: PMC10949135.

Foto: Pexels/ Anna Shvets