Die vorliegende Studie untersuchte, ob gesteigerte hygienische Maßnahmen, darunter auch der systematische Gebrauch von persönlicher Schutzausrüstung (personal protective equipment, PPE), zu einer Abnahme von im Krankenhaus akquirierten Infektionen in „COVID-freien“ neurologischen Stationen beitrug. Dazu wurden Patienten einer römischen Klinik im Jahr 2020 mit Patienten im selben Zeitraum des Vorjahres verglichen. In Zeiten strikter Hygienemaßnahmen wegen der COVID-19-Gefahr wurden demnach seltener Infektionen im Krankenhaus erworben und weniger Antibiotika verschrieben als im selben Zeitraum des Vorjahres. 

Im Krankenhaus akquirierte Infektionen stellen häufige Komplikationen bei Patienten dar, die beispielsweise in neurologischen Abteilungen wie etwa Schlaganfallstationen akut behandelt werden. Die vorliegende Studie untersuchte, ob gesteigerte hygienische Maßnahmen, darunter auch der systematische Gebrauch von persönlicher Schutzausrüstung (personal protective equipment, PPE), zu einer Abnahme von im Krankenhaus akquirierten Infektionen in „COVID-freien“ neurologischen Stationen beitrug.

Schützen die Corona-Schutzmaßnahmen auch vor im Krankenhaus erworbenen Infektionen?

Die Studie wurde während eines COVID-19-Ausbruchs durchgeführt. Untersucht wurden Patienten, die ab 8. März 2020 mit Entlassung bis 31. Mai 2020 in neurologischen und Schlaganfall-Stationen eines römischen Krankenhause hospitalisiert waren. Diese Patienten wurden mit Patienten verglichen, die im selben Zeitraum im Jahr 2019 hospitalisiert waren.

Vergleich von neurologischen Patienten in Rom 2020 und 2019

Insgesamt wurden 319 Patienten in die Studie aufgenommen. 103 Patienten wurden 2020, 216 im Jahr 2019 im Klinikum behandelt. Unter den Patienten mit Krankenhausaufenthalt im Jahr 2019 lag die Inzidenz von im Krankenhaus akquirierter Infektionen bei 31,5 % (95 % Konfidenzintervall KI: 0,25–0,38), verglichen mit 23,3 % (95 % KI: 0,15–0,32) bei der 2020 behandelten Gruppe (p = 0,12). In einer Regressionsanalyse zeigte sich, dass der Krankenhausaufenthalt 2020 unabhängig mit einem niedrigeren Risiko für im Krankenhaus akquirierte Infektionen assoziiert war (Odds Ratio: 0,34, 95 % CI: 0,16–0,71; p = 0,004). In Regressionsmodellen war die Hospitalisierung 2020 auch unabhängig mit sowohl einer niedrigeren Zahl an dort erworbenen Infekten (relatives Risiko: 0,56; 95 % CI: 0,38–0,81; p = 0,01) als auch einer niedrigen Zahl an Antibiotika-Verschreibungen pro Patient (relatives Risiko: 0,66; 95 % CI: 0,49–0,87; p = 0,02) assoziiert.

Geringere Infektionsrate, weniger Antibiotika mit strikteren Hygienemaßnahmen als im Vorjahr

Die Studie demonstriert damit den Effekt strikter Hygienemaßnahmen wie beispielsweise dem stärkeren Einsatz persönlicher Schutzausrüstung. In Zeiten solcher Maßnahmen wurden demnach seltener Infektionen im Krankenhaus erworben als im selben Zeitraum des Vorjahres. Größere Studien sind nötig, um diese Ergebnisse abzusichern – die Daten legen jedoch nahe, dass die strengeren Hygienemaßnahmen auch nach der COVID-19-Ära einen wertvollen Beitrag zum Schutz der Patienten liefern dürften.

Referenz: Cerulli Irelli, Emanuele, Biagio Orlando, Enrico Cocchi, Alessandra Morano, Francesco Fattapposta, Vittorio Di Piero, Danilo Toni, et al. “The Potential Impact of Enhanced Hygienic Measures during the COVID-19 Outbreak on Hospital-Acquired Infections: A Pragmatic Study in Neurological Units.” Journal of the Neurological Sciences 418 (November 2020): 117111. https://doi.org/10.1016/j.jns.2020.117111.