„Unter einer Erektionsstörung – mit dem korrekten medizinischen Fachausdruck als erektile Dysfunktion bezeichnet – versteht man die vollständige oder teilweise Unfähigkeit, über einen längeren Zeitraum eine für einen befriedigenden Geschlechtsverkehr oder andere sexuelle Aktivitäten ausreichende Erektion (Versteifung) des Penis zu erreichen und aufrechtzuerhalten.“

Der subjektive Leidensdruck spielt hier eine bedeutende Rolle – eben dieser Aspekt ist nicht so einfach objektivierbar bzw. standardisiert messbar.

Nicht verstummen

Dennoch oder vielleicht gerade deshalb ist es nach unserer Auffassung besonders wichtig, im Fall des Auftretens von Schwierigkeiten nicht zu verstummen und die Symptome sowie den damit verbundenen Leidensdruck einfach hinzunehmen. Welchen Nutzen und welchen Sinn kann es haben, über sein Potenzproblem zu reden?

Um aufzuklären und zu informieren hat die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) eine neue Plattform für betroffene Männer geschaffen – Infos zu Erektionsproblemen bei Männern.

„Darüber reden“ – heutzutage kein Problem?

Einerseits sind Informationen zur männlichen Sexualität bzw. Unterstützungs- und Therapiemöglichkeiten scheinbar so leicht und schnell zugänglich wie nie zuvor – es gibt Internet-Suchmaschinen, generell viel mehr aktive Aufklärung seitens verschiedenster Organisationen und Institutionen; außerdem gibt es schon seit längerem eine gefühlte Enttabuisierung im Umgang mit der Sexualität.

Nicht einfacher geworden

Andererseits ist es ganz offensichtlich für Betroffene wie für Fachleute bzw. Behandler nicht einfacher geworden, über Probleme und Schwierigkeiten im sexuellen Bereich zu sprechen. Dies zeigt sich auch immer wieder in dem von unserer Klinik angebotenen, verhaltensmedizinisch ausgerichteten Informations- und Behandlungsprogramm (Männerrunde):

Männerrunde: Hemmungen

Hier sind Hemmungen sowie eine gewisse Befangenheit und Zurückhaltung auf Seiten der Teilnehmer zunächst oft deutlich zu spüren. Über diese alltäglichen Erfahrungen in unserer Klinik hinausgehend zeigt sich die Schwierigkeit auch darin, dass nur wenige männliche Diabetiker von sich aus über etwaige Erektionsprobleme sprechen – und dass nur ein sehr geringer Prozentsatz der Patienten eine weiterführende diagnostische Abklärung oder gar konkrete therapeutische Schritte anstrebt.

Besser nicht darüber reden?

Wenn wir uns einig sind, dass es nicht so einfach ist, mit der Partnerin, Vertrauten, anderen Betroffenen oder auch Fachleuten darüber zu reden – warum sollte ein Betroffener das überhaupt tun? Und das schmerzlich bemerkte Nachlassen der Manneskraft im Gespräch thematisieren? Vielleicht ist es ja auch besser, nicht alles zu problematisieren, breitzutreten und ans Licht des alltäglichen Bewusstseins zu zerren? Was soll das schon helfen?

Oft geht die Beeinträchtigung oder gar der Verlust der Erektionsfähigkeit einher mit Identitätsproblemen, massiven Selbstzweifeln, Verschlechterungen des Selbstwertgefühls, der psychischen Befindlichkeit (Traurigkeit, Ängste, Verzweiflung) sowie der Beziehung zum Partner. Insgesamt kann man also in vielen Fällen von einer deutlichen Minderung der Lebensqualität und einer erheblichen Belastungssituation für die Betroffenen sprechen.

Gründe fürs Gespräch

Nun kann es aus einer ganzen Reihe von Gründen von Bedeutung sein, eben nicht zu versuchen, ganz allein – zurückgezogen im stillen Kämmerlein – zu versuchen, die Probleme zu lösen oder irgendwie allein zu verarbeiten! Reden kann in vielerlei Hinsicht unterstützen und den Weg zu einer Besserung der Situation ebnen:

Reden befreit …

Offene Gespräche über die veränderte Situation, über die belastenden Gedanken und Gefühle können befreiend, unterstützend und insgesamt entlastend wirken. Reden an sich kann also schon einen therapeutischen Effekt haben – allerdings ist es hierbei auch wichtig, den richtigen oder geeigneten Gesprächspartner zu finden.

… und vermittelt Wissen!

Neben diesem unterstützenden oder entlastenden Charakter solcher Gespräche ist es auch wichtig, sich als Betroffener zu informieren, sich Wissen dazu anzueignen, welche Ursachen und vor allem auch welche Behandlungsoptionen zur Verfügung stehen. Die Forschung in diesem Bereich hat gezeigt, dass Erektionsprobleme viele Ursachen haben können.

Bei der Entstehung und Aufrechterhaltung einer Erektion handelt es sich um einen sehr komplexen und komplizierten Vorgang, der in gewisser Weise auch sehr fragil und störanfällig sein kann. So sind Erektionsprobleme auch in der Regel durch eine Kombination von Einflussfaktoren verursacht.

Je nachdem, welche Ursache im Vordergrund steht, können unterschiedliche Behandlungsmöglichkeiten angeboten werden. Im Gespräch mit dem Arzt – und nur im Gespräch – können somit die wichtigen Fragen beantwortet werden: Woher kommt meine Erektionsstörung? Sind die Symptome bei geeigneter Behandlung rückgängig zu machen oder zumindest zu verbessern? Welches ist die geeignete therapeutische Unterstützung für meinen speziellen Fall?

Also: Darüber reden leistet einen wesentlichen Beitrag auch zur medizinischen Therapie beim Auftreten von Potenzproblemen.

Foto: Pexes/ Andrea Piacquadio